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Auf diesem soll sich im Jahre 1639 eine von schwedischen Soldaten
des General Banner verfolgte Jungfrau (nach einigen war sie aus
Pirna) geflüchtet und aus Furcht vor ihren Verfolgern von der
Höhe herabgestürzt haben, worauf man unten am Felsen, wo man
das Mädchen tot aufgefunden hat, dieses Exempel also bewahrter
Keuschheit mit einem in den Felsen gehauenen Kreuze bezeichnet hat.
1113. Der Jungfernsprung auf dem Oybin.
Gräßze, Bd. II, Ar. 831; Chr. A. Pescheck, Der Oybin bei Zittau, Zittau
und Leipzig 1792, 8, S. 25 ff.; Büsching, Volkssagen, S. 179 ff.; poetisch
beh. v. Ziehnert, S. 203 ff. u. Segnitz, Bd. II, S. 54 ff.; novell. beh.
in Sagen und Abenteuer vom Oybin, Zittau u. Leipzig 1801, 8, b. Lyser,
Abendl. 1001 Nacht, Bd. X, S. 115, Bd. XIV, S. 223 u. Winter in der
Constit. Ztg. 1854, Ar. 207.
Der Oybin, ein bienenkorbförmiger 513 m hoher Sand-
steinfelsen, berühmt durch seine herrliche Ruine, hat unter anderen
Merkwürdigkeiten auch eine Felskluft, die man den Jungfernsprung
nennt. Man erzählt drei verschiedene Sagen von der Entstehung
dieses Namens. Im Jahre 1601, dem Tage Johannes des Täufers,
als eine große Menge Menschen aus Zittau und den benachbarten
Dörfern der Gewohnheit nach den Oybin besuchte, befand sich unter
ihnen ein rasches Mädchen, die mit ihren Gespielinnen auch an
diesem Orte sich umsah. Man scherzte, und jenes Mädchen wagte
es auf eine Wette, über diese Kluft wegzusetzen. Damals trugen
noch die meisten Frauenzimmer, auch die vom Stande, Pantoffeln.
Im Springen nun glitschte ihr Fuß aus dem glatten Pantoffel und
sie fiel hinunter. Da sie aber nach damaliger Sitte einen tüchtigen
Steif= oder Reifrock anhatte, der sie vor dem schnellen Falle schützte,
so ward sie durch Hilfe desselben herniedergeschoben und vollendete
diese ansehnliche Tour von ohngefähr 40 Fuß Tiefe ganz ohne
Nachteil.
Die zweite Geschichte erwähnt eines Jägers, der ein züchtiges
Aldchen brünstig verfolgte. Sie flüchtete sich hinter die Kirche,
der Jäger ihr nach. Sie lief atemlos weiter, gelangte an die
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