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lider und sie schlief ein, um nicht wieder zu erwachen. Am andern
Morgen fand man sie — erdrosselt. Ihr Liebster zog, wie die
Sage berichtet, in den Türkenkrieg; auf der Stelle aber, wo das
Mädchen den Tod fand, steht noch heutigen Tages ein steinernes
Kreuz, da sie auch dort begraben sein soll.
1119. Sage vom steinernen Kreuz bei Hohendorf.
Gräße, Bd. II, Ar. 707; metrisch behandelt von Fr. Rödiger.
Der Bauer Zöf in Hohendorf zog an einem Freitag frühzeitig
aufs Feld hinaus, nach alter Sitte vier Stiere vor den Pflug ge-
spannt, wie es im Egerland noch heute Brauch ist. Seine Tochter
Brigitte begleitete ihn, denn sie sollte die vordern Stiere beim
Achern leiten. Sie hüpfte und sprang und lachte, daß sie fast das
Läuten des Glöckleins überhörte, bei dem der Vater das Kreuz
schlug. „Kind,“ sprach er, „wer den Freitag mit Lachen grüßt,
muß am Sonntag weinen! Es ist der Todestag Christi. Schütze
dich der liebe Herr Gott!“ — Gegen Mittag sprengte ein Knappe
aus dem Troß des Ritters von Reitzenstein quer übers Feld, der
Brigitte liebte. Er sprang vom Pferde und führte an ihrer Statt
die Stiere, indes sie zusammen kosten und tändelten. Als dies
der Knecht Daniel sah, ergrimmte er im Herzen; denn er liebte die
schöne Brigitte nicht minder. Der Bauer hieß ihn an den Pffug
treten, da er einstweilen die Schlichteule vorbereiten wollte, und
dies war dem Daniel eben recht. Eifersucht und Bosheit rangen
in seinem Herzen, und tausend böse Wesen umringten ihn: er warf
die Reute nach dem Knappen, und die eiserne Spitze derselben traf
ihn tödlich, zum großen Herzeleid Brigittens und ihres alten Vaters.
Am Sonntag darauf wurde die Leiche begraben und Brigitte
schluchzte unter Tränen: „Wer den Freitag mit Lachen grüßt, muß
am Sonntag weinen!“
Daniel, der AMlörder, entfloh ins Weite, fand aber nirgends
Ruhe. Ihm zum ewigen Brandmal steht als Mertzeichen seiner
ruchlosen Tat ein Kreuz auf der Höhe, wo dieselbe geschah, daran
die Reute bildlich eingehauen ist.
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