Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

— 920 — 
lider und sie schlief ein, um nicht wieder zu erwachen. Am andern 
Morgen fand man sie — erdrosselt. Ihr Liebster zog, wie die 
Sage berichtet, in den Türkenkrieg; auf der Stelle aber, wo das 
Mädchen den Tod fand, steht noch heutigen Tages ein steinernes 
Kreuz, da sie auch dort begraben sein soll. 
1119. Sage vom steinernen Kreuz bei Hohendorf. 
Gräße, Bd. II, Ar. 707; metrisch behandelt von Fr. Rödiger. 
Der Bauer Zöf in Hohendorf zog an einem Freitag frühzeitig 
aufs Feld hinaus, nach alter Sitte vier Stiere vor den Pflug ge- 
spannt, wie es im Egerland noch heute Brauch ist. Seine Tochter 
Brigitte begleitete ihn, denn sie sollte die vordern Stiere beim 
Achern leiten. Sie hüpfte und sprang und lachte, daß sie fast das 
Läuten des Glöckleins überhörte, bei dem der Vater das Kreuz 
schlug. „Kind,“ sprach er, „wer den Freitag mit Lachen grüßt, 
muß am Sonntag weinen! Es ist der Todestag Christi. Schütze 
dich der liebe Herr Gott!“ — Gegen Mittag sprengte ein Knappe 
aus dem Troß des Ritters von Reitzenstein quer übers Feld, der 
Brigitte liebte. Er sprang vom Pferde und führte an ihrer Statt 
die Stiere, indes sie zusammen kosten und tändelten. Als dies 
der Knecht Daniel sah, ergrimmte er im Herzen; denn er liebte die 
schöne Brigitte nicht minder. Der Bauer hieß ihn an den Pffug 
treten, da er einstweilen die Schlichteule vorbereiten wollte, und 
dies war dem Daniel eben recht. Eifersucht und Bosheit rangen 
in seinem Herzen, und tausend böse Wesen umringten ihn: er warf 
die Reute nach dem Knappen, und die eiserne Spitze derselben traf 
ihn tödlich, zum großen Herzeleid Brigittens und ihres alten Vaters. 
Am Sonntag darauf wurde die Leiche begraben und Brigitte 
schluchzte unter Tränen: „Wer den Freitag mit Lachen grüßt, muß 
am Sonntag weinen!“ 
Daniel, der AMlörder, entfloh ins Weite, fand aber nirgends 
Ruhe. Ihm zum ewigen Brandmal steht als Mertzeichen seiner 
ruchlosen Tat ein Kreuz auf der Höhe, wo dieselbe geschah, daran 
die Reute bildlich eingehauen ist. 
—— — — —
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.