Full text: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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sie flehentlich, daß sie ihn bald zu sich nehme in ihren Schoß, worin 
Ruhe finden alle, die da mühselig und beladen sind. Auf einmal, 
als er so in Gedanken versunken an den Felsen des Protschen— 
berges umherkletterte, sah er vor sich die schon damals berüchtigte 
Teufelshöhle und in derselben drei alte Männer um einen steinernen 
Tisch sitzen. Die Männer schienen selbst von Stein zu sein, so ver- 
wittert sahen sie aus, und so regungslos saßen sie da. Erschrecht 
wollte der Bürger aus dem Bereiche der Höhle fliehen, aber es 
war ihm nicht möglich. Seine Angst wurde noch vermehrt, als ihm 
einer der Männer winkte, näher zu treten. Er faßte sich endlich 
und trat, wiewohl beklommen, an den Eingang der Höhle. Dieselbe 
hatte sich wunderbar erweitert und war an den Wänden mit Gold 
und Juwelen geschmückt, auf dem steinernen Tische aber lag ein 
Haufen Goldstücke. Das Männchen, welches ihn genötigt, näher 
zu treten, deutete ihm hierauf an, sich soviel von dem Goldhaufen 
zu nehmen, als er zur Abhilfe seiner Not bedürfe, und nannte ihm 
den Tag, an welchem er wieder erscheinen könne, sollte das Geld 
nicht ausreichen. Es verbot ihm aber zugleich, niemandem von 
all dem etwas zu sagen, was er hier gesehen und erlebt habee. 
Der Arme langte erfreut zu, füllte sich die Taschen mit Goldstücken 
und entfernte sich dankend von den freundlichen und mitleidigen 
Geistern. Jetzt begann er ein neues Leben, aber nicht ein Leben 
voll Gottesfurcht. Er betete nicht, er arbeitete nicht, sondern saß 
vom Morgen bis zum Abend im Wirtshause. Durch dieses flotte 
Leben erregte er Aufsehen, seine Mitbürger steckten die Köpfe zu- 
sammen und konnten ihre Verwunderung nicht verbergen, auf welche 
Weise der einst so Arme reich geworden sei. Einer unternahm es, 
ihn auszuforschen, und erfuhr auch infolge eines Rausches das ganze 
Geheimnis. Er forderte ihm hierauf durch Drohungen das Versprechen 
ab, ihn mitzunehmen, sobald er wieder zur Höhle gehe, um sich 
Geld zu holen. An dem bestimmten Tage und zur bestimmten 
Stunde begaben sich nun beide auf den Weg und traten vor die 
Höhle, aber dieselbe blieb verschlossen, und öffnete sich nicht. Seit 
dieser Zeit ist es noch niemandem weiter geglückt, in nähere Ge- 
meinschaft mit den Geistern und ihrem Golde zu gelangen, sie bleiben 
ruhig im Innern des Berges und hüten ihre Schätze. 
II. Jene Höhle wird zuweilen noch die Judenschule genannt, 
und zwar aus folgendem Grunde. Es sollen nämlich zur Zeit der
	        
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