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gehabt haben, deren einer, namens Martin, ins gelobte Land zog,
um für die von seinen Vorfahren begangenen Untaten am Grabe
des Erlösers Verzeihung zu erflehen. Nach langem Herumirren in
der Fremde kehrte er endlich in sein Vaterland zurück und soll auf
dem genannten Berge ein Pilgerhaus zur Aufnahme für Arme und
Kranke gestiftet haben, welches, freilich in ausgearteter Gestalt —
es war zu einer Freistätte für alles liederliche Gesindel geworden —
bis zum Jahre 1520 unter dem Namen „Der elende Kretscham“
(d. h. Herberge für elende Pilger) am Fuße des Berges (zwischen
der Salzniederlage und dem Gasthof zum goldenen Schiff, welcher
um 1531 die Gastgerechtigkeit von ihm erhielt) bestand. Miit
diesem war aber eine Kapelle vereinigt worden, welche dem heiligen
Martin geweiht war, der auch auf einem alten Altargemälde darin
abgebildet war, wie er seine Kleider (nach der Legende) zerreißt und
unter die Armen verteilt. — Einer anderen Ursache schreibt aber
eine von der eben mitgeteilten abweichende Sage die Entstehung
der Kapelle zu. Es lebte nämlich in der zweiten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts zu Aleißen ein wackerer Bürgersmann, namens Mlartin,
seines Zeichens ein Mlaurer, der fast allen seinen Verdienst zur
Unterstützung der Armen verwendete. Derselbe war auch mit unter
den von dem Baumeister Arnold von Westphalen zur Erbauung
der Albrechtsburg (1471—83) verwendeten Werkleuten, stürzte aber
eines Tages von einem Gerüste herunter und ward infolge dieses
Falles, der ihn lange ans Krankenbett fesselte, zum Bettler, da er
alle seine früheren Kräfte verloren hatte und kontrakt geworden
war. Infolge davon mußte er betteln gehen, und so floß denn,
wenn er auf den Stufen des Doms, auf Krücken gestützt, die ins
Gotteshaus Eilenden um Almosen anflehte, manche reichliche Gabe
in seinen Bettlerhut. Siehe, da Rkam die Pest mit ihren Schrecken,
und Vater Martin ging nun in den angesteckten Häusern herum
und brachte den Kranken, welche oft ihre eigenen Verwandten
mieden, Trost, Abwartung und Hilfe, so daß manches Menschenleben
lediglich durch seine Tätigkeit gerettet ward. Nachdem nun die
Krankheit gewichen war, da schossen Rat und Bürgerschaft eine
erklechliche Summe zusammen, um ihm der Stadt Danbbarkeit zu
beweisen. Martin aber lebte als Bettler fort und erbaute von dem
ihm geschenkten Reichtume die Martinskirche, welche nach ihrem
Erbauer auch die Bettelmannskirche genannt ward, und zum An-