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des ihr von der Gesetzgebung erteilten Auftrages verpflichtet, eine diese
Punkte erledigende Verordnung zu erlassen.
Das vorstehend über die Befugnis der Regierung zum Erlaß von
Ausführungsverordnungen Gesagte findet jedoch für Hamburg und
andere deutsche Einzelstaaten nicht ohne weiteres auch auf die einzel—
staatlichen Ausführungsverordnungen zu Reichsgesetzen An—
wendung.“ Zunächst ist hervorzuheben, daß die Einzelstaaten zum
Erlaß solcher Ausführungsverordnungen — soweit dieselben Rechts-
verordnungen sind — in jedem einzelnen Fall einer ausdrücklichen
reichsgesetzlichen Ermächtigung bedürfen.¾ Ferner aber ist, wenn solche
reichsgesetzliche Ermächtigung vorliegt, die Frage, wer in den Einzel-
staaten zum Erlaß der betr. Ausführungsverordnung befugt ist, in
erster Linie nach dem erkennbaren Willen der Reichsgesetzgebung und
nur eventuell nach dem betreffenden Einzelstaatsrechte zu beantworten.
Daraus ergeben sich speciell für Hamburg die folgenden Kon-
sequenzen: Ermächtigt ein Reichsgesetz ausdrücklich die Regierung oder
die oberste Verwaltungsbehörde oder die Centralbehörde der Einzel-
staaten zum Erlaß dieser oder jener Ausführungsbestimmungen, so steht
solcher Erlaß allein dem Senate zu.5 Sind andererseits die fraglichen
Bestimmungen ausdrücklich der Landesgesetzgebung übertragen, so sind
dieselben im Wege der Gesetzgebung, d. h. durch Senat und Bürgerschaft,
1 Dies ist z. B. geschehen in dem Hamb. Auswanderergesetz von 1887.
2 Was speciell Hamburg betrifft, so bemerkt Wolffson mit Recht, es könne
die Vorschrift des Art. 61 der Verfassung, daß der Senat die nötigen Vollzugs-
verordnungen erläßt, dem Zusammenhang nach nur auf Landesgesetze, die zwischen
Senat und Bürgerschaft vereinbart sind, bezogen werden. Auch eine analoge An-
wendung jener Vorschrift auf Reichsgesetze sei nicht zulässig. (a. a. O., S. 15.)
3 Laband, a. a. O., S. 607, Seydel, in Hirths Annalen, 1876, S. 13,
Anm. 1. Laband fügt noch hinzu: „Die Delegation an die Einzelstaaten kann
auch in der Art beschränkt sein, daß zwar der formelle Erlaß (die Sanktion) der
Anordnungen ihnen zusteht, der materielle Inhalt derselben dagegen vom Bundesrat
festgestellt wird, wie dies z. B. in dem Gesetz vom 28. Februar 1876, § 4geschehen
ist; oder daß ihnen die Anordnung von Ausführungsbestimmungen nur subsidiär
übertragen ist, d. h. soweit nicht der Bundesrat selbst sie erläßt, wofür das Gesetz
vom 6. Februar 1875, § 83 ein Beispiel liefert.“
4 Statt der Ermächtigung kann übrigens auch ein verpflichtender Auftrag
vorliegen.
* Vgl. Verhandlungen zwischen Senat und Bürgerschaft, 1875, S. 454 ff;
Ausschußberichte der Bürgerschaft, 1888, Nr. 14; Wolffson, a. a. O., S. 15.