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Dasselbe aber gilt endlich auch bezüglich des Versammlungs-
rechts, das überhaupt nicht reichsgesetzlich sichergestellt ist, und das in
Hamburg geregelt wird durch die revidierte Verordnung zur Verhütung
des Mißbrauchs des Versammlungs- und Vereinigungsrechts von 1851
(ogl. unten § 69). Die Bestimmungen dieses, nur den Namen einer Ver-
ordnung führenden Gesetzes über das Versammlungsrecht können durch
Notverordnung des Senats aufgehoben werden.“
c) Dem Senat als der obersten Verwaltungsbehörde steht das
Recht zu, Verwaltungsverordnungen zu erlassen, durch welche
die Organisation oder das Verhalten der ihm untergeordneten Be-
hörden und Beamten geregelt wird.? Für Dritte stellen solche Ver-
ordnungen (auch Reglements, Instruktionen, Vorschriften, Bekannt-
machungen rc. genannt) unmittelbar verbindliche Rechtssätze nicht auf.
Verordnungen, welche ganz oder teilweise unter den Begriff der
Rechtsverordnungen fallen, d. h. allgemein verbindliche Rechtsregeln
aufstellen, müssen in gleicher Weise wie die Gesetze publiziert werden?
(Vgl. oben unter 4); für Verwaltungsverordnungen ist dies nicht er-
forderlich. Beide Arten von Verordnungen aber können, da sie ein-
seitig erlassen worden, jederzeit einseitig abgeändert oder wieder auf-
gehoben werden, soweit nicht ihre Bestimmungen etwa in spätere Gesetze
übergegangen sind.
6) Der Senat hat das Begnadigungsrecht“, d. h. er kann
eine erkannte Strafe im Wege der Gnade aufheben oder mildern. Es
Bestimmungen über Verhaftung sagt: „Da diese Materien gegenwärtig vom Reiche
geordnet sind, kann von einer Aufhebung dieser Bestimmungen durch Organe der
Einzelstaaten nicht mehr die Rede sein.“
1 Bezüglich des eventuell vom Kaiser zu erklärenden Kriegszustandes
und seiner Folgen vgl. unten § 67.
2 Vgl. auch Verwaltungsgesetz § 26 und oben unter a.
Vgl. G. Meyer, a. a. O., § 169.
4 Verf. Art. 24. — Auch nach der alten Verfassung stand dem Rat „das
jus aggratiandi in Criminalibus“ zu; „jedoch daß E. E. Rat in causis gratiosis
sich dessen parce und mit Cirkumspektion gebrauche.“ (Hauptrezeß von 1712,
aArt. 5, 10; Westphalen, a. a. O., S. 76). — Vgl. ferner Lübecker Verf.,
Art. 18 und Bremer Verf., 8 57 i. Nach der letzteren steht dem Senate zu:
„Begnadigung, Milderung und Abolition (d. h. Niederschlagung der Unter-
suchung vor dem Endurteil) in Strafsachen nach vorgängigem Gutachten des da-
für zuständigen Gerichts."