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3. Die Mitglieder der Bürgerschaft sind verpflichtet, über das in
geheimen Sitzungen Verhandelte Verschwiegenheit zu bewahren. (Be-
züglich der Vertrauensmänner für die Senatswahlen f. oben 8 19,
bezüglich der Mitglieder einer Entscheidungsdeputation s. unten 8 48.
4. Jedes Mitglied der Bürgerschaft untersteht in dieser der ord-
nungsmäßigen Disciplin des Vorsitzenden resp. des Hauses. Außer-
halb der Bürgerschaft aber kann es für seine Außerungen wie für seine
Abstimmungen in derselben oder ihren Ausschüssen nicht in Anspruch
genommen werden.s Entsprechend den in anderen Staaten für die
Volksvertreter geltenden Bestimmungen, ist also den Mitgliedern der
Bürgerschaft in dieser eine nur durch das Haus selbst, nicht durch
irgendwelches Gesetz beschränkte Redefreiheit eingeräumt.“
zu erfüllen, hat dasselbe Präjudiz zur Folge, wie die Verweigerung der Annahme
der Wahl. Zu einem solchen Beschluß der Bürgerschaft ist eine Majorität von
128 Stimmen erforderlich.“ — Im Bremer Bürgerschaftsgesetz von 1875 ist
bestimmt (8 15): „Das Recht zur Teilnahme an der Bürgerschaft kann demjenigen
entzogen werden, welcher sich beharrlich weigert, den ihm als Mitglied der Bürger-
schaft gesetzlich oder in Gemäßheit der Geschäftsordnung obliegenden Verbindlich.
keiten nachzukommen, oder der Pflicht zur Geheimhaltung eines Gegenstandes zu-
widerhandelt, oder die der Versammlung oder seiner Stellung schuldige Achtung
gröblich verletzt. Die Entscheidung darüber, ob ein solcher Fall vorliege, steht
der Bürgerschaft zu. Das Bürgeramt ist verpflichtet, sobald von wenigstens 30
Vertretern (d. h. Bürgerschaftsmitgliedern) darauf angetragen wird, die Bürgerschaft
zu einer solchen Beschlußnahme zu veranlassen. Vorab ist indes dem Beteiligten
davon Anzeige zu machen, und steht es demselben frei, selbst oder durch einen
Bevollmächtigten, der zugleich zu den Vertretern gehört, seine Gegengründe in der
Versammlung vorzutragen.“ — Ahnliche Bestimmungen gelten auch in anderen
deutschen Staaten (z. B. Bayern, Sachsen und Hessen).
1 In Bremen und Lübeck ist dies ausdrücklich vorgeschrieben (Bremer
Geschäftsordnung § 25, Lübecker 8 15), in Hamburg nicht; doch bedarf es einer
besonderen Bestimmung darüber auch nicht.
8 Verf. Art. 48, Abs. 2. („Die Bürgerschaft hat, nach Maßgabe der Ge-
schäftsordnung, wegen Ordnungswidrigkeiten oder Pflichtverletzungen gegen ihre
Mitglieder auf disciplinarischem Wege zu verfahren“.), Geschäftsordnung § 30.
Vgl. unten 8 43.
: Verf. Art. 48, Abs. 1, Reichsstrafgesetzbuch § 11.
4 Das Vorbild der dahingehenden Bestimmungen aller neueren Verfassungen
war die nur altenglisches Recht bestätigende - Bill of rights= von 1689, a. 9:
othat the freedom of speech and debates or Proceedings in parliament ought
not to be impeached or questioned in any court or place out of parliamente
(ogl. H. Schulze, Deutsches Staatsrecht, Bd. 1, S. 485. — Eine Konsequenz der
parlamentarischen Redefreiheit ist der § 12 des Reichsstrafgesetzbuches: „Wahrheits-