Full text: Das Hamburgische Staatsrecht.

Näher auf diese, in das Gebiet des Reichsstaatsrechts gehörende 
Kontroverse einzugehen, ist hier nicht der Ort. Ubrigens handelt 
es sich bei derselben wohl um eine Frage von nur theoretischer Be- 
deutung. Unter allen Umständen nämlich steht fest: 1. daß den 
Einzelstaaten noch jetzt wichtige staatliche Hoheitsrechte verblieben sind, 
2. daß andere wichtige Hoheitsrechte von ihnen auf das Reich über- 
gegangen sind, und 3. daß das Reich auf verfassungsmäßigem Wege 
und nötigenfalls unter Beobachtung der vorgeschriebenen Formen 
einer Verfassungsänderung seine Kompetenz beliebig erweitern kann, 
ohne daß ein einzelner Bundesstaat, sofern es sich nicht etwa um ein 
Sonderrecht desselben handelt, dies zu hindern vermöchte. 
8 4. 
Die Kompetenzverteilung zwischen dem Reich und den 
Einzelstaaten ist — kurz zusammengefaßt — wie folgt durchgeführt.? 
1. Eine Reihe von Hoheitsrechten übt das Reich allein, unab- 
hängig von den Einzelstaaten, und durch seine eigenen Organe aus. 
Dies gilt, abgesehen von der Reichsgesetzgebung, z. B. von den aus- 
wärtigen Angelegenheiten, dem Konsulatwesen und der Marine. 
2. Bezüglich eines anderen, sehr erheblichen Teiles von Hoheits- 
rechten hat das Reich sich die Beaufsichtigung und die Gesetzgebung 
vorbehalten. Die Durchführung und Handhabung der Gesetze selbst 
aber ist Sache der Einzelstaaten. (Vgl. die große Mehrzahl der im 
Art. 4 der Reichsverfassung aufgeführten Gegenstände). Laband 
charakterisiert das betreffende Verhältnis zwischen Reich und Einzel- 
staaten, indem er sagt: Die Einzelstaaten haben dem Reich gegenüber 
diejenigen Befugnisse, welche den Selbstverwaltungskörpern zustehen 
und das Wesen der Selbstverwaltung ausmachen, während das Reich 
diejenigen Rechte ausübt, welche der souveränen Staatsgewalt den 
Selbstverwaltungskörpern gegenüber gebühren, nämlich die Aufstellung 
1 Für dieselbe kann natürlich eine von einem Einzelstaate einseitig er- 
lassene Verfassungs- oder Gesetzesbestimmung nicht in Betracht kommen. Es läßt 
sich daher aus dem Art. 1 der hamburgischen Verfassung, in welchem Hamburg 
als „ein selbständiger Staat des Deutschen Reichs“ bezeichnet wird — einerlei, 
wie man diese Worte interpretieren will — nichts herleiten. 
* Vgl. Laband, a. a. O. S. 93 ff.
	        
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