Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts. Zweiter Teil. (2)

Konsulnte. 8 114. 517 
unterworfen. Dagegen ist der sachliche Umfang, in dem die Kon- 
sulargerichtsbarkeit von dem fremden Staate zugelassen wird, durch 
die verschiedenen Verträge verschieden bestimmt worden. Mit Aus- 
nahme von Ägypten ist die konsularische Gerichtsbarkeit unbedingt 
anerkannt in Strafsachen der deutschen Reichsangehörigen und Schutz- 
genossen, sowie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten derselben unter- 
einander oder mit Angehörigen solchor fremder Staaten, denen cben- 
falls konsularische Gerichtsbarkeit zusteht. Hinsichtlich der Rechts- 
streitigkeiten zwischen deutschen Reichsangehörigen und Schutz- 
genossen einerseits und einheimischen Personen anderseits bestehen 
dagegen verschiedene Systeme!?, In China und Siam werden dic- 
selben gemeinsam vom Konsul und den einheimischen Behörden ent- 
schieden; in Korea und Sansibar bestimmt sich der Gerichtsstand 
nach der Person des Beklagten; in der Türkei und Persien erfolgt 
die Entscheidung durch die einheimischen Gerichte, den Konsuln 
steht nur die Befugnis zu, den ihrer Gerichtsbarkeit unterworfenen 
Personen im Prozeß zu assistieren. In Ägypten ist nach der Durch- 
führung der Gerichtsreform vom 10. November 1874 den gemischten 
Landesgerichten übertragen worden: 1. die Entscheidung aller Zivil- 
streitigkeiten zwischen Inländern und Ausländern und zwischen Aus- 
ländern verschiedener Nationalität mit Ausnahme der Statusfragen, 
sowie die Entscheidung aller Zivilrechtsstreitigkeiten, die sich auf 
eine in Ägypten belegene unbewegliche Sache beziehen, ohne Rick- 
sicht auf die Nationalität der Parteien; 2. strafrechtliche Gerichts- 
barkeit in bezug auf Übertretungen, sowie in bezug auf Verbrechen 
und Vergehen, die gegen die gemischten Gerichte selbst, bezw. gegen 
deren Mitglieder, soweit sie sich in Austibung ihres Berufes befinden, 
oder von diesen Mitgliedern in Ausübung ihres Berufes begangen 
werden. Den Konsuln sind demnach noch verblieben: 1. Zivil- 
streitigkeiten unter Reichsangehörigen und Schutzgenossen, die sich 
nicht auf cine in Agypten belegene unbewegliche Sache beziehen, 
sowie die Entscheidung aller Statusfragen von Reichsangehörigen 
und Schutzgenossen; 2. die Aburteilung von Verbrechen und Ver- 
schen der Reichsangehörigen, soweit sie nicht unter die vorher cr- 
wähnten Ausnahmen fallen '3, 
Die Ausübung der Konsulargerichtsbarkeit erfolgt durch den 
Konsul als Einzelrichter, durch das Konsulargericht und 
durch das Reichsgericht. Das Konsulargericht besteht aus 
dem Konsul als Vorsitzenden und zwei oder vier Beisitzern, welche 
der Konsul aus den achtbaren Gerichtseingesessenen oder in Er- 
mangelung solcher aus sonstigen achtbaren Einwohnern seines Be- 
zirkes ernennt. Der Konsul bedarf zur Ausübung der Gerichtsbar- 
keit der Ermächtigung des Reichskanzlers, dieser kann neben dem 
Konsul oder an dessen Stelle einem anderen Beamten die Ausübung 
  
stellt sind. — Vgl. Anordnung d. Reichsk, botr. dio Konsulargerichtsbarkoit 
über Schutzgenossen vom 27. Okt. 1900 (Z.Bl. 8. 574). 
12 Vgl. auch Zorn, Annalen 1882 8. 465. 
13 Reglement d’organisation judicinire pour les proccs mixtes ın Kgypte 
(Stnatsarchiv Bd. XAXIX, Nr. 5522, 8, 157 ff) verkündot nm 16. Sept. 1875. Vgl. 
Fleischmann, Völkerrechtsquollen 1805, Nr. 38.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.