Full text: Die Militär-Vorlage im Deutschen Reichstage.

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daß ihr Gewehr besser ist, — wie es 1870 besser war — oder daß ihr 
Pulver besser ist, weil sie das richtige Pulver zu einem kleinkalibrigen, 
schnellschießenden Gewehr früher haben als wir, — das find alles Sachen, 
die unter Umständen die Entschließung der französischen Regierung für den 
Krieg bestimmen können; denn sobald sie glauben, zu fiegen, fangen fie den 
Krieg an. Das ist meine feste, unumstößliche Ueberzeugung, und Sie mögen 
mehr Erfahrungen in der Politik und im Urtheil haben, als ich — ich kann 
nur nach meiner Ueberzeugung handeln. 
Ich sage also: wir müssen auf den Fall eingerichtet sein, daß wir in 
einem solchen Krieg unterliegen sollten; ja, ich bin nicht furchtsam genug, 
das vorauszusehen, aber die Möglichkeit kann doch Niemand bestreiten. Bis 
jetzt sind es nur muthige Zivilisten (Heiterkeit), die meinen, keiner Verstärkung 
zu bedürfen; diejenigen Generäle und Heerführer, diejenigen Feldherren unter 
unseren Souveränen, die persönlich Fühlung mit der franzöfischen Klinge 
gehabt haben, die sind durchaus anderer Meinung. Wenn so furchtlose Leute 
der Meinung sind: wir brauchen, um den nächsten Krieg mit Frankreich 
sicher zu bestehen, um der französischen Armee ebenbürtig zu sein, die und 
die Verstärkung, — dann finde ich es einen traurigen Muth, dem gegenüber 
zu sagen: Sie irren sich, wir brauchen sie nicht, wir sind so stark genug. 
Ich sage: einen traurigen Muth, weil dieses mich einigermaßen an den miles 
gloriosus erinnert, der sagt: wir schlagen die Franzosen auch so wie so. 
Meine Herren, da irren sie sich, die parlamentarischen Strategen! Sie unter- 
schätzen die Macht von Frankreich; Frankreich ist ein großes, mächtiges Land, 
ebenso mächtig wie wir; Frankreich hat ein kriegerisches Volk und ein tapferes 
Volk und hat jederzeit geschickte Heerführer gehabt. Es ist ein Zufall, wenn 
sie uns unterlegen sind. Sie unterschätzen die Franzosen in der allerirrthüm- 
lichsten Weise, und es wäre eine Ueberhebung, zu sagen, daß Frankreich an 
und für sich als geschlagen zu betrachten wäre, wenn es uns gegenübersteht. 
Wenn aber die Sachen so zweifelhaft find nach dem Urtheil der kom- 
petenten Behörden, wenn die Möglichkeit überhaupt nach menschlicher Be- 
rechnung vorhanden ist, daß wir geschlagen werden können, — ja, meine 
Herren, dann sind die Folgen eines unglücklichen Krieges doch zu traurig, 
als daß irgend Jemand, wenn sie eintreten, die Verantwortung für ein solches 
Votum tragen könnte. Es ist viel von ministerieller Verantwortlichkeit die 
Rede, aber ich habe nie gehört — vielleicht wird es der Zukunft vorbehalten, 
solche Gesetze einzuführen —, daß auch Abgeordnete, welche an Beschlüssen 
theilnehmen, die ihr Land ins Unglück führen, einer Verantwortlichkeit dafür 
vor dem Richter unterliegen. (Bravol rechts.) 
Wenn sie bewußterweise unser Land für den Krieg schwächen, dann halte 
ich ein solches Gesetz für ein Bedürfniß; ich werde beantragen, daß es ein- 
gebracht wird. Wenn wir unterliegen — ich wage diesen Gedanken ja gar 
nicht auszudenken; aber die Möglichkeit werden Sie mir doch nicht bestreiten, 
daß ebenso gut wie wir allein Frankreich geschlagen haben im Jahre 1870, 
Frankreich fiegreich sein kann, nachdem es seine Armee verdoppelt, seine Re-
	        
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