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scheiden vermag, ob wir 100000 Mann mehr haben. Wollen Sie die Ver-
antwortlichkeit dafür tragen, daß dies Gewicht nicht zur Verfügung sei?
Wir wollen es nicht, und ich bin überzeugt, es wird uns möglich sein, es
zur Verfügung zu erhalten, mag Ihr Votum ausfallen heute, wie Sie wollen.
(Bravol rechts.)
Ob diese Einrichtung nun für längere oder kürzere Zeit getroffen wer-
den soll, das ist eine Frage, auf deren Gebiet sich die Diskussion in der
jüngsten Zeit ja vorwiegend bewegt hat. Wir haben sie auf 7 Jahre ver-
langt aus keinem anderen Grunde, als weil die Ziffer von 7 Jahren die
Grundlage eines früheren Kompromisses war, weil wir der Ueberzeugung
find, daß das konstitutionelle Leben überhaupt aus einer Reihe von Kom-
promissen besteht; und weil wir gern an ein früheres Kompromiß anknüpfen,
so haben wir es unverändert aufrecht zu erhalten gesucht. Jede Ziffer ist
mehr oder weniger willkürlich. Je länger die Dauer ist, um desto größer
ist die Zahl der ausgebildeten Soldaten, die in Aussicht genommen wird,
und um so weiter von uns entfernt liegt die innere Gefahr, daß wir in
Krisen und Streitigkeiten über diese Frage gelangen. Es kann ja Niemand
entgehen, daß jedesmal, wenn es sich darum handelt, auf Grund des Ar-
tikels 60 der Verfassung ein neues Gesetz über die Präsenzzeit zu machen,
sich aller unserer Schichten und Parteien eine gewisse Aufregung bemächtigt,
die bedauerlich und unter Umständen auch eine gefährliche ist. Es entsteht
jedesmal aus der Diskussion dieser Frage eine gewisse Krise — ich will nicht
sagen ein Konflikt, aber die Besorgniß vor einem Konflikt. Es entsteht jedes-
mal die Frage: was ist denn Rechtens, wenn eine Vereinbarung nicht zu
Stande kommt? Nun, ich glaube, der Reichstag wird sich nicht darüber be-
schweren können, daß der Bundesrath bisher einen zu weitgehenden Gebrauch
gemacht habe von seinem zweifellosen verfassungsmäßigen Rechte, jedem Ge-
setzentwurfe, der ihm vom Reichstage zugeht, seine Zustimmung zu versagen
— auch solchen Gesetzentwürfen, deren Zustandekommen in der Verfassung
vorausgesetzt ist. Der Bundesrath hat von diesem zweifellosen Rechte, der
voll= und gleichberechtigte Faktor der Gesetzgebung zu sein, von der That-
sache, daß kein Budgetgesetz ohne seine Zustimmung zu Stande kommen kann,
von der Thatsache, daß kein Gesetz über eine Präsenzzahl ohne seine Zu-
stimmung zu Stande kommen kann, nie einen unbequemen Gebrauch gemacht,
er ist, wie der Kaufmann zu sagen pflegt, koulant in dieser Beziehung ge-
wesen. Wir haben Vorlagen recht unerfreulich verkümmert und verändert
zurückkommen gesehen, wir haben es ruhig hingenommen, aber es giebt im
Interesse des Vaterlandes Grenzen, über die der Bundesrath dabei nicht
hinausgehen kann. (Sehr richtig! rechts.) Eine solche Grenze zu ziehen,
ist die Sorge, die in erster Linie den verbündeten Regierungen obliegt, wenn
die auswärtige Sicherheit des Deutschen Reiches in Frage steht. (Bravo!
rechts.) Sobald die ins Spiel kommt, werden wir haarscharf in der Be-
nutzung unserer verfassungsmäßigen Rechte gegenüber Ihren Beschlüssen sein.
Und ein Beschluß, der das Deutsche Reich wehrloser macht, als es nach un-