Full text: Die Militär-Vorlage im Deutschen Reichstage.

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Alles weit besser als diese Autorität auf militärischem Gebiete und die 
maßgebenden Persönlichkeiten des auswärtigen Amtes wissen wollte, 
und, obgleich Herr von Bronsart dessen Darlegungen sofort widerlegte, 
doch bis zur letzten Sitzung dieses für das Deutsche Reich so unheil- 
vollen Reichstages bei seiner Opposition und Negation beharrte. 
Während bei der am Freitag den 3. Dezember 1886 begonnenen ersten 
Berathung die Debatte hauptsächlich zwischen dem Abgeordneten Eugen 
Richter und dem preußischen Kriegsminister Bronsart von Schellen- 
dorff sich entwickelt hatte, trat bei der Fortsetzung dieser ersten Be- 
rathung, in der 6. Sitzung des Deutschen Reichstages (4. Dezember 1886) 
als erster Redner der Führer des Centrums, Abgeordneter Dr. Windt- 
horst auf und suchte den Reichstag wiederholt zu überzeugen, daß er Alles 
für des Vaterlandes Selbstständigkeit und Sicherheit zu thun bereit 
sei, daß, wenn das Vaterland in Gefahr sei, ihm und seinen Freunden 
kein Opfer zu groß erscheine, daß sie die Armee stark erhalten und 
unter allen Umständen alles thun wollten, was nöthig sei, um Deutsch- 
land in seinem Rang, Stand und Ansehen zu erhalten, den es heute 
habe. Der vaterlandsfreundliche Welfen= und Centrumsführer schloß 
seine Rede mit den Worten: „Gott schütze unser Vaterland, und was 
uns betrifft, so wollen wir nicht leichtfertig ablehnen, was nöthig ist, 
noch ohne Noth neue Lasten dem Vaterlande auflegen.“ 
Daß diese Noth wirklich vorhanden, daß der gesammte Reichstag 
die Regierungs-Vorlage unverändert annehmen und, wenn die 
Majorität desselben wirklich deutsch fühlte und deutsch 
dachte, dieselbe nicht leichtfertig ablehnen durfte, weil sie 
eben nöthig war, das ging aus der Rede des greisen Feldmar- 
schalls und Abgeordneten, Graf von Moltke, hervor, der unter allge- 
meiner Spannung nach dem Abgeordneten Dr. Windthorst das Wort 
nahm und Folgendes ausführte: 
Meine Herren! Ich möchte Ihnen doch die Vorlage der Regierung recht 
angelegentlich empfehlen. Man kann es ja beklagen, daß wir genöthigt sind, 
einen großen Theil der Einnahmen des Reiches anstatt auf den Ausbau im 
Innern, für die Sicherung nach Außen zu verwenden; das wird aber bedingt 
durch allgemeine Verhältnisse, die wir abzuändern ganz außer Stande find. 
Meine Herren, ganz Europa starrt in Waffen. Wir mögen uns nach links 
oder nach rechts wenden, so finden wir unsere Nachbarn in voller Rüstung, 
in einer Rüstung, die selbst ein reiches Land auf die Dauer nur schwer er- 
tragen kann. Das drängt in Naturnothwendigkeit auf baldige Entscheidun- 
gen hin und ist der Grund, weshalb die Regierung schon vor Ablauf des 
Septennats eine Verstärkung der Armee verlangt. Aus den die Regierungs- 
vorlage begleitenden Motiven ersehen Sie, wie sehr wir hinter den Rüstungen 
der übrigen Großmächte zurückgeblieben find. Sie ersehen daraus, daß von 
allen großen Armeen die unserige noch die mindest kostspielige ist, daß sie 
weniger als irgend eine andere auf der Gesammtbevölkerung lastet, und daß 
beispielsweise Frankreich nahezu das Doppelte an seine Armee wendet, wie 
wir. Noch in diesen Tagen find die sehr erheblichen Anforderungen des 
 
	        
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