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angeblich stets gemachten Vorwürfe und kam auf die Angelegenheit
des ehemaligen Königreiches Hannover zurück. Hierbei behauptete er,
daß der verstorbene König von Hannover wiederholt in Nikolsburg
und in Berlin um Verhandlungen zum Frieden gebeten habe, aber
„schnöde“ zurückgewiesen worden sei. Der Präsident von Wedell—
Piesdorf rief den Redner wegen des Ausdruckes „schnöde“, der sich
nur auf die damalige preußische Regierung beziehen konnte, zur Ord-
nung. Redner erging sich sodann in versteckten Angriffen gegen den
Reichskanzler und meinte, es habe Staatsmänner gegeben, welche kein
Bedenken hatten, mit Mächten zu verhandeln, zu deren wesentlichsten
Soldaten Garibaldi gehörte, und aus ungarischen Soldaten, die ge—
fangen waren, Truppen zu bilden zur Bekämpfung ihres Landesherrn.
Solche Herren hätten kein Recht, Anderen solche Vorwürfe zu machen,
wie sie gemacht seien. Redner berührte die seitens des Centrums dem
Reichskanzler gewährte Unterstützung seiner Wirthschaftspolitik und
bezog sich auf das 10. Armeekorps, welches wesentlich aus Hannove—
ranern bestehe und welches, wie kein anderes, sich im Kriege hervor-
gethan habe. Redner erwähnte dann weiter der glorreichen Thaten
des Welfengeschlechts und erklärte, daß er seinem angestammten Königs-
haufe treu bleiben werde, soweit das seine neue Unterthanenpflicht
gestatte. Er verwahrte sich ferner dagegen, klüger sein zu wollen als
der Graf von Moltke und kam im weiteren Verlaufe seiner Rede zu der
Erklärung, daß er allerdings auch Gelegenheit gehabt habe, manches
Gute zu wirken, wozu er nicht zuletzt rechne, wenn er manchmal nicht
ohne Erfolg Plänen des Reichskanzlers, die er nicht für zutreffend ge-
halten, habe entgegentreten können. Der Reichskanzler habe gestern
auch von der kaiserlichen und der Parlamentsarmee gesprochen. Eine
kaiserliche Armee hätten wir überhaupt nicht. Wir hätten eine Reichs-
armee und die militärische Hoheit über das Reichsheer sei getheilt
zwischen Sr. Majestät dem Kaiser und den einzelnen Kontingentherren.
Redner wiederholte zum Schlusse, daß er und seine Freunde Alles
was nöthig sei bewilligten und keinen Mann und keinen Groschen ab-
zögen. Sollte nach drei Jahren eine Neubewilligung nöthig sein, so
würden sie auch dann für das Vaterland alles Nöthige hergeben.
Der Reichskanzler Fürst von Bismarck antwortete auf diese
Rede, wie folgt:
Der Herr Vorredner sagt: Ich bewillige jeden Mann und jeden Groschen
auf 3 Jahre; dann werden wir wieder zusammenkommen und sehen, ob das
noch nöthig ist, und wenn wir, die Abgeordneten, finden, daß es nicht mehr
nöthig sei, so werden wir, wie er in seiner gestrigen Rede sagte, darauf drin-
gen, daß das Heer vermindert werde. Der Herr Vorredner muthet uns also
zu, daß wir das Vertrauen nicht nur auf den guten Willen, sondern auch
auf die militärische Einsicht desjenigen Reichstags haben sollen, welcher über
drei Jahre hier wiederum versammelt sein wird. Weiß denn der Herr Vor-
redner, wie der beschaffen sein wird? Ist denn die Majorität, über die der
Herr Vorredner jetzt die ponirt, so gleichartig, so sicher, so unanfechtbar, daß
er auch nur auf ein gleiches Verhältniß wie jetzt rechnen kann? Diese Majorität,