Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

Die Universitäten. 141 
tischen Verbesserungen; diese aber müssen sich, wenn irgend Aussicht auf 
Verwirklichung sein soll, an das Bestehende anschliessen. Es ist daher 
ausreichend, wenn nur der in Deutschland allgemein angenommene und 
eingebürgerte Grundgedanke einer Universität ins Auge gefasst und die- 
ser als die Unterlage der zu machenden Vorschläge angenommen wird. 
Nach deutscher Auffassung und eingcreiht in das landesübliche Unter- 
richtssystem ist nun aber eine Universität oder Hochschule eine öffentliche 
Anstalt, welche die Aufgabe hat, alle diejenigen Wissenschaften, welche dem 
jeweiligen Gesittigungszustande des Volkes entsprechen und die intellec- 
tuelle Seite desselben bilden, in ihrer vollsten Ausdehnung und auf ihrer 
höchsten bis itzt erlangten Entwicklungsstufe zu lehren. Sie ist die Spitze 
der Unterrichtsanstaften und schliesst diese organisch ab. 
Die aus diesem Begriffe und dieser Aufgabe sich entwickelnden For- 
derungen an eine vollkommene Leistung sind nun aber im Wesentlichen 
folgende: 
Vor Allem ist klar, das$ kein Mittel gespart werden darf, welches die 
Ertheilung des best-möglichen Unterrichtes sicher stellt. Hierzu gehört 
aber einer Seitg ein richtiges System der Ausfindigmachung und Ernennung 
des in jedem einzelnen Falle vorzüglichsten Mannes, sowie die Bewilligung 
solcher Vortheile, dass ihr Genuss anlocken kann; anderer Seits aber die 
Ausstattung der Anstalt mit allen nicht bloss zum Unterrichte, sondern auch 
zur eigenen Weiterbildung der Lehrer erforderlichen materiellen Hulfs- 
mitteln. 
Zweitens ist einleuchtend, dass der Kreis der zu lehrenden Kenntnisse 
kein ein für allemal abgeschlossener sein kann. Durch weitere Entwicklungen 
der Gedanken, durch neue Erfahrungen und Thatsachen, hervorgerufen 
durch früher unbekannte Bedürfnisse des Lebens, entstelien von Zeit zu 
Zeit neue Wissenschaften, werden ganze Seiten der menschlichen Zustände 
theoretisch. durchgebildet, welche bisher ganz vernachlässigt waren oder 
nur empirisch behandelt wurden, werden bis itzt einheitlich gewesene und 
betriebene Wissenschaften zu nmfangreich, als dass sie von Einem Men- 
schen länger vollständig bewältigt werden könnten, und spalten sich daher 
in mebrere Zweige. Solchen Erweiterungen des Wissens und der Lehre 
muss dann die Universität folgen, sobald die Berechtigung der Neugestal- 
tung fest nachgewiesen ist und ein Bedürfniss des Unterrichtes in einer 
solchen Ausdehnung vorliegt. 
Sodann ist unbestreitbar, dass sowohl die allgemeinen, d. h. keinem 
einzelnen bestimmten praktischen Lebensberufe zu Grunde liegenden son- 
dern zur Bildung eines jeden geistig höher Stehenden mehr oder weniger 
nöthigen Wissenschaften, als auch die zur tüchtigen Besorgung bestimmter 
höherer Berufe erforderlichen Kenntnisse gelehrt werden müssen. Es kann
	        
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