Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

166 Die Universitäten. 
Bedeutung. — Glücklicherweise sind die auf den deutschen Universitäten 
in dieser Beziehung ganz allgemein bestehenden Kinrichtungen und Gec- 
wohnheiten im Wesentlichen zweckmässig, und kanı es sich nur von Ver- 
besserungen in einigen Nebenpunkten handeln. 
ls wird somit als selbstverständlich vorausgesetzt, dass die beiden 
(‚rundlagen der Stellenbesetzung beibebalten werden, nämlich einer Seits 
die Abtheilung der Lehrer in ordentliche Professoren, ausserordentliche 
Professoren und Privatdocenten, anderer Seits die Aufsuchung des taug- 
lichsten Mannes zur Wiederbesetzung einer erledigten Stelle ohne Uhnter- 
schied der auf einer fremden oder auf der eigenen Universität sich darbie- 
tenden CGandidaten. Als zweckmiässigere Bestimmungen oder wenigstens einer 
besonderen Besprechung bedürftig erscheinen nur: das zur Erprobung der 
Tanglichkeit anzuwendende System; die Bestinmung der über eine Ernen- 
nung entscheidenden Personen; die Entfernung Untauglicher. 
Die Sicherstellung allseitiger Tauglichkeit der akademischen Lehrer 
erfordert, dass man sich nach objectiven und nach subjectiven Garan- 
tieen umsehe. — In ersterer Bezichuug muss man von dem Satzce aus- 
gehen, dass erst eine wirkliche im I,ehrfache abgelegte Probe über die 
Brauchbarkeit eines Professors vollkionnnen entscheidet, indem Kenntnisse 
und selbst Talente noch keineswegs eine sichere Gewährleistung für Lehr- 
gabe, Rednerfähigkeit, Geschmack und Ausdauer geben können, ohne welche 
Eigenschaften aber doch vun einem guten Leliwer nicht die Rede ist. 
Es muss somit als oberste Regel feststellen: dass so selten als möglich die 
Uebertragung einer ordentlichen oder ausserordentlichen Y’rofessur ohne 
feststohende Erfahrung erfolgen darf. In keinem Falle genügt hierzu die 
französische Einrichtung eines Concurses. Abgesehen davon, dass eine 
sulche Wettbewerbung unseren Nationalsitten zuwider ist, und dass eine 
sie erzwingende Vorschrift ganz gewiss die tüchtigsten Männer von der 
Bewerbung um Lehrstellen verscheuchen würde, kann sie keineswegs eine 
binreichend umfassende Kenntniss von der Brauchbarkeit zum Lehrer ge- 
währen. In solcher kurzen Prüfung mögen Lehrgabe, Fleiss, Methode nicht 
erkundet werden, vielmehr ist der Natur der Sache nach, die Probe nur 
zu leisten durch die erfolgreiche Bekleidung einer Lehrstelle An einer 
andern Universität oder durch die Leistungen als Trivatdocent auf der 
einheimischen Hochschule. Welches von beiden Mitteln im einzelnen Falle 
zu beuützen sei, muss von den jedesmaligen Umständen abhängen. Bei 
Anwendung des ersteren kann ein Mann von vollendeter Ausbildung und 
von grossem Rufe gewonnen werden, und ist eine auf solche Weise gc- 
machte Erwerbung nicht selten die einzige unter gegebenen Umständen 
mögliche und vielleicht unschätzbar. Doch ist nicht zu überschen, dass die 
Besetzung der Lehrstellen durch Vocationen theuer zu stehen kömmt; dass
	        
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