Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

168 Die Universitäten. 
Entstehen der Universitäten vorkam, und auch jetzt noch theilweise auf den 
beiden alten englischen Universitäten Sitte ist, verdient wohl eine lange 
Besprechung nicht, selbst wenu sie nur aufein Gutachten beschränkt werden 
wollte. Sie wäre in ihren Ergebnissen unsicher, indem das Urtheil der 
jungen Männer über den wahren Werth der wissenschaftlichen Leistungen 
noch keineswegs fest und zuverlässig ist. Wie oft erlebt man nicht auf 
Universitäten eine plötzliche als allein richtig betrachtete Eingenommenheit 
für oder gegen einen Docenten, die in kurzer Zeit, vielleicht eben so un- 
motivirt, ins Gegentheil umschlägt! Dass die Studireuden die, im einzelnen 
Falle auch wohl zu erwägenden, Bezichungen zu der Gesanmmtmasse der 
Wissenschaften, oder die in der Person eines bestimmten Mannes lie- 
genden Schwierigkeiten gehörig würdigten, ist obnedem nicht zu erwarten. 
Das Verfahren wäre aber auch gefährlich für die Würde und die Ruhe der 
Universitäten; denn zu welchem Bublen um die Gunst der Studirenden dies 
bei den jüngern Docenten führen könnte, ist eben so unzweifelhaft, als dass 
die Mittel nicht immer die erspriesslichsten sein möchten und dass gerade 
die ebrenwerthesten der jungen Docenten darunter leiden würden. Es ist 
aber auch eine solche ausdrückliche Befragung der unter den Studirendeu 
besteheuden Meinungen und Wünsche nicht nöthig; das einzige sichere 
Ergebniss derselben, der Grad der augenblicklichen Beliebtheit eines An- 
fängers, ist auch durch die öffentliche Stinnme und durch die Zubörerzahl zu 
erkunden. — Somit bleibt nur die Wahl zwischen Selbstergänzung der akade- 
mischen Collegien und der Ernennung durch den Vorgesetzten der Univer- 
sität. Unzweifelbaft hat man sich für eine Verbindung beider Verfahrens- 
arten zu erklären. Eine ausschliessende Besetzung der Lehrstellen durch 
Jie akademischen Körperschaften könnte nur zu den übelsten Folgen führen. 
Schon im Allgemeinen lehrt die Erfahruug, dass eine unbeschränkte Selbst- 
ergäuzung von Collegien nichts taugt. Bei ihr hat nur zu leicht entweder 
Cotteriewesen und Nepotismus oder die Mittelniässigkeit gewonnenes Spiel, 
je nachden: Parteigeist herrscht, oder Neid und Furcht vor Ueberragung 
bewusst oder instinctmässig die Besseru ausschliesst. Warum nun diese 
allgemeinen Wirkungen der Selbstergänzung bei akademischen Körper- 
schaften fehlen sollten, ist nicht zu erseheu; und die Hoffnung, dass 
gerade hier das Pflichtgefüll oder auch nur die Einsicht in den eigenen 
wahren Vortheil überwiegen und immer den voraussichtlich Berühmtesten 
und Nätzlichsten berufen werde, würde um so weniger auf Menschenkennt- 
niss beruhen, als nicht blos Amtsgenossen sondern schr häufig directe Con- 
currenten in Ehre, Einfluss und Geld zu wählen sind, es auch in der That 
auf Universitäten an Parteiungen und somit an der Lust, die Zalıl der 
Freunde zu verinehren und Jie der Gegner zu ınindern, nicht fehlt. Ueber- 
diess liegen aber noch eigenthümliche Schwierigkeiten einer Selbstergänzung
	        
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