Die Universitäten. 215
von Katalogen die Benützbarkeit einer auswärtigen Bibliothek sehr erleich-
tert werden.
Dass gegen diesen Gedanken Einwendungen, und zwar gewichtiger Art,
gemacht werden können, soll nicht in Abredo gezogen werden; doch sind
sie wohl bei klarer Einsicht und gutem Willen nicht unüberwindlich.
Mit Solchen ist natürlich nicht zu streiten, welche wohlweise ausein-
andersetzen, dass eine in allen Fächern genügende Bibliothek deun doch
viel besser sei, als eine nur einzelne Wissenschaften, diese aber vollständig, um-
fassende. Diess versteht sich von selbst; und eben desshalb sind oben die Vor-
schläge untersucht worden, wie solche ricsenhafte Sammlungen beschafft
werden können. Allein praktisch ist nun einmal in den allerıneisten Fällen
nur die Frage, ob es wüuschenswerther sei, eine grössere Anzahl von Biblio-
tbeken zu besitzen, welche sich zwar sämmtlich über alle Zweige des Wissens
verbreiten aber in jedem derselben ganz unvollkommen sind; oder ob die
allgemeine Bildung und der Ausbau der Wissenschaften ınchr gefördert
würde durch eine, freilich an verschiedene Orte vertheilte, Vollständigkeit
einer jeden Bibliothek in einzelnen Fächern? Jass und warum aber das
Letztere als das Vorzüglichere erscheine, ist soeben erörtert worden.
Verständiger wäre die. Einrede, dass bei solcher Beschränkung jeder
einzelnen Bibliothek auf nur einen ‘Theil der Literatur ganze Abtleilungen
überall ausfallen könnten, und dann, mit Ausnahıne der wenigen ganz grossen
Bibliotheken, nirgends Hülfsmittel zu deren Kenntniss und Weiterbetrieb
vorhanden wären. — Diese Gefalır ist wohl in der That nicht so gross, als
sie auf den ersten Augenblick scheinen mag. Ohne Zweifel würden theils
örtliche Veranlassungen, theils ein bereits vorhandener grösscrer Bestand
in gewissen Fächern, theils und hauptsächlich die verschiedene eigene Neigung
der Vorsteher schon eine gehörige Abwechslung in den Bibliotheken zuwege
bringen. Doch dürfte die Sache allerdings sich nicht ganz selbst überlassen
bleiben. Wenn eine Specialisirung der mittleren deutschen Bibliotheken
wirklich zur Ausführung kommen sollte, so müsste eine genaue Bestimmung
der von jeder zu übernehmenden Fächer vorangehen. Das Zustandekommen
einer solchen Bestimmung für die Bibliotheken eines und desselben Staates
hätte, wenn irgend mit Verständniss eingeleitet und mit Kraft durchgeführt,
keine wesentlichen Schwierigkeiten. Nicht so leicht freilich wäre die Auf-
gabe, einen Vertrag zwischen Bibliotheken verschiedener Länder zu Stande
zu bringen und dessen Ausführung sicher zu stellen. Auch würde sich
vielleicht nicht Alles in der Wirklichkeit so gestalten, wie cs in der Theorie
wünschenswertli und vernünftig erschiene. Allein das Notliwendige in der
Hauptsache sollte doch erreicht werden können.
Eine andere mögliche Einwendung ist, dass bei einer solchen Einseitig-
keit der Bibliotheken der Gelehrte genöthigt wäre, sich an verschiedene