216 Die Universitäten.
(derselben zu wenden zur Erlangung der Hülfsmittel für eine und dieselbe
Arbeit, falls diese in verschiedene Fächer zu gleicher Zeit einschlüge. —
Olıne Zweifel würde diess die Folge sein; allein auch hier ist die Frage
die, welcher Zustand das geringere Uebel ist?” Als erträglicher, in den
meisten Fällen wenigstens, erscheint es nun aber, Jie Bücher auswärts her-
komnen lassen zu missen, als sie gar nirgends zu finden. Freilich ist bci
dem ganzen Gedanken der Specialisirung vorausgesetzt, dass einen jeden
anständigen Mann der Bezug von Büchern aus auswärtigen Sammlungen ge-
stattet sei. Tine solche Einrichtung ist aber, natürlich unter Kinhaltung
bestimmter Ordnung, keineswegs eine Unmöglichkeit, was auch Herkommen,
Vorurtheil und geistloses Kleben Formen dagegen etwa einwenden
möchten.
Im Allgemeinen betrachtet stehen also der Sache keine unbeantwort-
baren Einwürfe und keine unüberwindlichen Schwierigkeiten entgegen. Es
fragt sich nur, ob die Einsicht an der richtigen Stelle und ob guter Wille
vorbanden ist. -— Allein wie verhält es sich nun mit dem eigentlichen
Gegenstande der ganzen Untersuchung, mit den Universitätsbibliotheken?
Unzweifelhaft liegen hier eigenthünliche und bedeutende Schwierigkeiten
vor. Auf der einen Seite sind gerade die Bibliotheken bei manchen Uni-
versitäten der wunde Fleck und namentlich für die itzt so gesteigerten Au-
forderungen an die Wissenschaft Jange nicht ausreichend. Da freilich, wo
eine Hochschule ihren Sitz in einer Hauptstadt hat, welche obnedem in der
Regel im Besitz einer grossen Bibliothek ist; ebeuso da, wo die Benützung
webrerer mittlerer Bibliotheken auch au einem kleinen Orte nebeneinander
möglich ist, ınag kein oder nur weniger Grund zu klagen sein. Allein
leider ist dem in den meisten Fällen nicht so, sondern sind Lehrer und
Schüler an unzureichende und veraltete Sammlungen gewiesen. Die Ein-
künfte der gewönlichen Universitätsbibliotheken betragen kaum Jen zehnten
Theil von dem, was sie eigentlich sein sollten. Von einem Ersatze des auf
denselben Fehleuden durch die Privatsammlungen der einzelnen Lehrer
kanu aber nur in Ausnabmsfällen die Rede sein. Die Wenigsten der-
selben sind so gestellt, und auf solchen kleinen Universitäten vor Allem,
dass sie grosse Summen auf Bücherankäufe verwenden können. Auf
der anderen Seite lässt sich nicht läugnen, dass ausser den allgemeinen
Schwierigkeiten eines Vertrages zwischen zwei Bibliotheken gerade hier
noch bedeutende eigentliümliche Einwendungen entgegen stehen. Zuerst
ist natürlich klar, dass die gesainınten literarischen Ansprüche einer Uni-
versität durch eine blosse Specialbibliothek, und wäre diese in ihrer Art
noch so vortrefflich, nicht befriedigt werden können. Alle Zweige der
Wissenschaft haben nun aber gleichen Anspruch auf gründliche und voll-
ständige Bearbeitung, alle I,chrer ein gleiches Recht auf Vorhandensein der