in seinem Verhältnisse zur Bildung. %61
nützlich, 80 reicht auch das wirklich zu erlangende Urtheil für die nächsten
Zwecke in der Hauptsache aus. Die Nöthigung zur Erwerbuug von Kennt-
nissen bleibt dieselbe, wenn die Entscheidung über das wirklich erlangte
Masss auch nicht ganz unzweifelhaft und unanfechtbar ausfällt; und eine
verständige Prüfungsbehörde wird immerhin eine annähernd richtige Schätzung
über die geistige Begabung im engeren Sinne des Wortes und über die
Ausdehnung und Gründlichkeit des Wissens zu gewinnen im Stande sein,
so dass mit Billigkeit über die Zulassung zum Staatsdienste oder zu der
fraglichen Kunst entschieden werden kann. Nicht ein Fehler der Einrich-
tung, sondern ein Fehler ihrer Anwendung ist es, wenn man mehr und
Anderes von ihr verlangt, als sie leisten kann und soll. Es ergibt sich
also aus dieser Unvollkommenheit schliesslich nichts weiter, als dass man
einer Seits in sachlicher und persönlicher Beziehung unvollständig prüft, und
dass anderer Seits dem Prüfungsergebnisse kein anderer und kein grösserer
Werth beigelegt werden darf, als es nach seinem ganzen Wesen haben
kann. Dasselbe soll über die Zulassungsbefähigung entscheiden, aber nicht im
Widerspruch mit den wirklichen Leistungen im Leben fort und fort einen
bestimmenden Einfluss auf die Verwendung und ein feststehendes Urtheil
über den Werth eines Mannes abgeben.
Von positiv unwünschenswerthen Folgen der Staatsdienstprüfungen ist
ohne Zweifel die Feststellung der Fach-Studien auf das Maass des für die
Prüfuogen Erforderlichen und die diesen gesteigerten Forderungen ent-
sprechende Verminderung der allgemeinen Bildungszweige die bei Weiten
bedeutendste. Selbstverständlich ist von diesem Uebel in solchen Ländern,
in welchen durch Einführung von Prüfungen überhaupt erst eine wissen-
schaftliche Bildung bei den künftigen Kirchen- und Staatsbeamten er-
zwungen werden soll, nichts zu fühlen; hier ist Alles, was erreicht wird,
Gewinn, und von einer Verminderung einer früheren höheren allgemeinen
Ausbildung der Jugend kann keine Rede sein, da eine solche überhaupt
gar nicht bestand. Wohl aber tritt dieser Austausch von Kenntnissen bei
solchen Nationen ein, welche schon länger überhaupt gebildet waren und
wo itzt grösseres Gewicht auf das Berufswissen gelegt wird. Während man
also dort der Sache noch auf lange hin den Lauf lassen kann, ist hier eine
Abhülfe sehr wünschenswerth. Leider ist eine solche schwer zu finden.
Offenbar muss, wenn der Zweck erreicht werden soll, eine Verbindung
zweier Maassregeln eintreten: eine Verlängerung der Studienzeit, um für
Allgemeines und Besonderes Zeit zu gewinnen; und eine Sorge dafür, dass
von der verlängerten Zeit auch wirklich ein genügender Theil auf allgemeine
Fächer verwendet werde, was dann entweder durch Zeugnisse über den
Besuch einschlägiger Vorlesungen oder durch eine eigene Zwischenprüfung
möchte erreicht werden wollen. Beides ist nun aber schwer zu erreichen.