Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

der Wissenschaften. 337 
Wissens dem ganzen Publikum nahe legen. Es wäre die Akademie cin 
immer sichtbarer Fels im Gewässer der Tagesliteratur und Kaflfeehaus- 
bildung, ein beständig flammender Leuchtthurm für Verirrte. 
Endlich ist noch auf ein drittes Bedürfniss aufmerksam zu machen, 
welches nur durch eine grosse deutsche Akademie der Wissenschaften be- 
friedigt werden könnte, nämlich auf die dadurch den Regierungen und 
— unter den nöthigen Bedingungen — auch betheiligten Privaten gegebene 
Möglichkeit, sich von völlig zuständigen Sachkundigen (Gutachten und 
Urtheil in schwierigen Fragen der höheren Wissenschaften geben zu lassen. 
Man weiss, wie oft und mit welchem Vortheile die Pariser Akademie der 
Wissenschaften von der Regierung zur Beurtheilung neu entstehender 
Probleme benützt wird. Die Gesundheitspflege, die Gewerbepolizei, die 
Einrichtungen für das Heer und für die Marine haben schon den ent- 
schiedensten Nutzen hieraus gezogen. Ebenso ist es für Privaten, welche 
eine neue wichtige Entdeckung gemacht zu haben glauben oder eine von 
der landesüblichen Gelehrsamkeit nicht zu beantwortende Frage aufwerfen 
müssen, von der höchsten Bedeutung, einen Verein der ersten lebenden 
Chemiker, Physiker, Mathematiker befragen zu können. Ein Tribunal 
dieser Art besteht nun aber nirgends in Deutschland, und namentlich sind 
kleinere Regierungen, welche somit über einen geringeren Umfang von 
Intelligenz verfügen können, häufig ganz verlassen. Wir haben gar manche 
Lücken in den wichtigsten Theilen unserer Polizeianstalten gerade diesem 
Mangel zuzuschreiben. — Allerdings handelt es sich bierbei hauptsächlich 
von naturwi haftlicheen und mathematischen Fragen; allein auch die 
Benützung der Häupter der socialen und geschichtlichen Wissenschaften 
lässt sich in interessanten Fällen denken. 
Wohl, — wird man vielleicht einwenden, — der Nutzen einer Aka- 
demie soll nicht in Abrede gestellt sein. Aber wozu alle diese Erörterungen, 
wozu neue Einrichtungen? Sind denn nicht bereits die Akademieen der 
Wissenschaften in Wien, in Berlin und in München vorhanden? Sind nicht 
in denselben ausgezeichnete Mitglieder? Bestehen nicht neben ihnen die 
gelehrten Gesellschaften in Göttingen und in Leipzig, ebenfalls mit schönen 
Kräften? — Sicherlich; allein wenige Worte werden hinreichen, um zu 
zeigen, dass diese Anstalten nicht genügen können, wie sie denn auch in 
der That die Bedürfnisse bis itzt nicht befriedigt haben. 
Dass die kleinen, nur mit sehr schwachen Mitteln ausgerüsteten und 
zunächst nur örtlichen Zwecken dienenden Gesellschaften in Göttingen und 
in Leipzig hier gar nicht in Betracht kommen, liegt auf der Hand. Sie 
mögen in ihrem Kreise nützlich wirken, gelegentlich die Abfassung einer 
guten Abhandlung veranlassen oder deren Druck ermöglichen; allein von 
einer nationalen Stellung derselben ist keine Rede. 
v. Mobl, Stastsrecht. Bd. III. 22
	        
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