340 Ueber eine gesammtdeutsche Akademie
bekümmerte, waren es doch wesentlich nur die Eingeborenen und die zu-
nächst Wohnenden. Von einem bestimmenden Einflusse der beiden Akade-
mieen auf deutsches Leben und Wissen im Allgemeinen, so otwa wie das
französische Institut ihn auf Frankreich, ja wie ihn dasselbe vielleicht selbst
auf uns ausübt, kann in der That kein Unbefangener reden. Sie waren
und sind, leisteten und leisten, was sie können; aber dieses eben ist nicht
das, was als genügend und wünschenswerth verlangt werden muss.
Allein — und diese Frage ist allerdings die Hauptsache — auch alles
Vorstehende zugegeben, ist in Deutschland die Errichtung einer grossen
Nationalakademie der Wissenschaften überhaupt möglich? Ist sie es itzt
mehr, als in dem früheren Zustande? Oder muss man sich nach reiflicher
Prüfung der Sachlage davon überzeugen, dass wir nicht in der Lage sind
unserer Bildung diese Stütze und diesen Glanz zu geben?
Darüber sind wohl nicht viele Worte zu verlieren, dass Deutschland
die allgemeinen notwendigen Bedingungen der Gründung und Erhaltung
einer grossen Akademie wohl zu erfüllen im Stande ist. Es fehlt ihm nicht
an geeigneten Männern; die pekuniären Mittel wären in dem grossen Lande
auch noch aufzubringen. Die zur Würdigung der Anstalt erforderliche all-
gemeine Gesittigung mag zwar noch nicht ganz den wünschenswerthen Grad
erreicht haben; allein sie liesse sich wohl in Kurzem ausbilden, theils durch
die Wirkung der Anstalt selbst, tbeils wenn man von oben durch Be-
zeugung von Achtung und Theilnahme anfänglich etwas nachhelfen wollte.
Hindernisse können also nur auf dem politischen Felde liegen. Hier aber
verhält sich die Sache wie folgt.
Irren wir uns nicht sehr, so wäre unter dem deutschen Bande die
Errichtung einer allgemeinen deutschen Akademie an sich keineswegs eine
Unmöglichkeit gewesen. Schwierigkeiten hätte die Sache allerdings gehabt,
allein doch mehr in Betreff der Beibringung des Gedankens und der all-
mähligen Gewinnung von acht und dreissig Regierungen für denselben, als
weil der Plan im Einzelnen grossen Meinungsverschiedenheiten hätte be-
gegnen müssen, oder weil die Kosten unerschwinglich gewesen wären. An
Geld hat es dem deutschen Bunde nie gefehlt, und wenn der Aufwand sich
auf einige Hunderttausende von Gulden belaufen hätte, so wäre diess für
eine Bevölkerung von effectiv vierzig Millionen keine unerträgliche Last
gewesen. Ein richtiger Modus in Vertheilung der Mitglieder unter die
verschiedenen Staatengruppen hätte sich auch wohl finden lassen, so wie
ein passender Sitz. Wenn also der ganze Gedanke niemals über das Sta-
dium einiger schüchterner Vorschläge von Privaten hinausgekommen ist’),
ı) Ein Versuch dieser Art ist der von mir verfasste Aufsatz in der D. Vierteljahrschr,
1841, H.2, 8.83 fg., — „Eine deutsche Vereinsakademie der Wissenschaften“ (von welchem denn
auch Einiges in die gegenwärtige Erörterung übergegangen ist. Eine andere, anonyme,