Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

348 Der Staatsdienst. 
lebens durch den Staat selbst ermöglicht, diese Aufgaben aber durch eigens 
von ilım dazu angenommene und unterhaltene Beamten ausgeführt werden, 
so dass der Thätigkeit der verschiedenen Gesellschaftskreise und Oertlich- 
keiten zur Besorgung der zunächst liegenden und eigenen Angelegenheiten 
nur geringer Spielraum gelassen ist. Der Staat übernimmt in gewisser Art 
die Rolle der allgemeinen Vorsicht und nimmt für sich vorzugsweise, wo 
nicht ausschliesslich, den Besitz richtiger Einsicht und guten Willens in 
Anspruch, muss daher auch über die entsprechende Zahl und über die 
Thätigkeit seiner Werkzeuge unbedingt verfügen. Zur Uebersicht, Ordnung 
und Einheit in den Geschäften aber wird ein streng logisch entwickelter 
Organismus der sämmtlichen Belörden ins Leben gerufen, in welchem jeder 
Stelle und in solcher jedem einzelnen Beamten Zuständigkeit und Pflicht, 
Ueber- und Unterordnung angewiesen ist. 
Die zweite Grundlage des bestehenden Zustandes ist das persönliche 
Rechtsverhältniss der Beamten gegenüber von der Regierung, wie sich sol- 
ches bei dem Uebergange aus dem Patrimonialstante des vorigen Jahrhun- 
derts in den Rechtsstaat der Gegenwart ausgebildet lat. Unzweifelhaft 
konnte das bisherige Verhältniss des fürstlichen Privatdienstes und seiner 
Folgen nicht fortbestehen bei der mit der Stellung des Fürsten selbst vor- 
gegangenen Veränderung und hatte der itzige Staatsdiener andere Pflichten 
und Rechte zu übernehmen. Aber keineswegs war es eine logische Noth- 
wendigkeit, den neuen Zustand gerade so festzustellen, wie er zuerst durch 
theoretische Abhandlungen ausgearbeitet worden und dann allmählig auch in 
die positive Gesetzgebung übergegangen ist. Es wären sowohl rechtlich 
als politisch auch noch andere Verhältnisse denkbar gewesen, als einer 
Seits die Sicherstellung lebenslänglichen Rechtes auf das einmal erlangte 
Amt, sammt noch manchen weiteren Ansprüchen auf Ruhegehalt, Wittwen- 
und Waisen-Versorgung, fortschreitende Besoldung u. 8. w., anderer Seits eine 
Reihe von Vorschriften über Erwerb und Nachweis der Befähigung, über 
ansschliessliche Beschäftigung mit dem Amte, über Vorschriften im Privat- 
leben, endlich über die Regelung und Beschränkung der Amtsverleibungen 
durch das Staatsoberhaupt. Das itzt allgemein bestellende System ist 
ein Gemisch von Sorgfalt für den Beamten, dessen Stellung möglichst ge- 
sichert und innerhalb bescheidener Gränzen vortheilhaft werden sollte, und 
einer ängstlichen Rücksicht auf eine gute Besorgung des öffentlichen Dienstes, 
von dessen richtiger Besorgung das Wohl der Gesammtheit und aller Ein- 
zelnen in demselben Grade abhing, als der Staat in seiner neuen Auffassung 
seine Aufgaben ausgedehnt und das gemeinschaftliche Leben in sich zu- 
sammengefasst hatte. Natürlich konnte eine solche Verbindung ganz ver- 
schiedenartiger Absichten nicht ohne nachtheilige Folgen für den inneren 
Zusammenhang und die Folgerichtigkeit des Erzeugnisses gein.
	        
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