Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

Volksfeste. 489 
kleinerer Feste immerhin ein Beweis von günstigen Vermögensverhältnissen 
einer Bevölkerung sein. Ohne eine solche Grundlige wären ja die Mittel 
und wohl auch die Neigung zu solchen Vergnügungen nicht vorhanden. Es 
soll auch nicht behauptet werden, dass jeder Theilnehmer über die Gebühr 
thut. Endlich ist zuzugeben, dass sich an manches dieser Feste ein nicht 
unbedeutender Verkehr und somit Verdienst für Viele knüpft. Allein die 
wirthschaftlichen Nachtheile im Falle eines Missbrauches sind doch ein- 
leuchtend. Weniger kommen sie vielleicht noch bei den ganz grossen 
Festen in Betrachtung. Diese sind nur selten, und im Ganzen nehmen, 
aus der Ferne wenigstens, nur Wohlhabendere Antlıeil. Für den nationalen 
Zweck mag auch eher ein Opfer gebracht werden. Wenn denn auch die 
Ausgaben für Bauten und Vorkehrungen aller Art ganz gewaltig sind und 
schliesslich sich gewöhnlich ein bedeutendes Deficit herausstellt, welches 
von den Unternehmern gedeckt werden muss: so haben sich diese theils 
freiwillig dazu gemeldet, theils sind sie in der Lage, einen solchen Beitrag 
leisten zu können, und nur dagegen muss man sich erklären, dass ein 
solcher Ausfall auf die Gemeinde gewälzt werde. Diese kann ihn nur durch 
eins Umlage auf die Gesammtheit ihrer Angehörigen decken, welche keines- 
wegs alle bei dem Feste betheiligt waren, noch sein wollten; oder aber 
geht diese Ausgabe auf Kosten allgemeiner und wahrlich nützlicherer 
Interessen. Am naclıtheiligsten ist ohne Zweifel die längere Dauer dieser 
Feste, welche namentlich auch an dem Orte ihrer Abhaltung vielfachen 
Zeit- und Arbeitsverlust verursacht, und in dieser Beziehung wäre wohl 
Vorsehung zu treffen. Jedenfalls aber sind die so häufigen kleineren Feste, 
die Fahnenweihen, Liederfeste, Turnfeste und dergl., von weit bedenk- 
licheren Folgen. Die Theilnahme verursacht natürlich ebenfalls Aufwand, 
welcher sich, wenn auch im einzelnen Falle mässig, doch durch die Menge 
hoch beläuft. Hierzu kommt die immer wiederkehrende Gelegenheit zur 
Arbeitsversäumung und zum Schlemmen. Beides aber ist um so nach- 
theiliger, als gerade an dieser Art von Festen die höheren und wohl- 
habenden Klassen nur wenigen Antheil nehmen, sondern nur die mittleren 
und selbst vorzugsweise die unteren, und weil ihnen sehr viele junge Leute 
in Abwesenheit der Aeltern oder sonstiger beschränkender Einflüsse zu- 
strömen. 
Zweitens lässt sich nicht in Abrede stellen, dass Volksfeste auch eine 
ceivilisatorische Wirkung haben können. Das Zusammensein mit einer 
grossen Anzahl von Menschen zu eiyem gleichen, Allen angenehmen Zwecke, 
die gemeinschaftliche Freude, das Zusammentreffen mit alten Freunden 
oder mit solchen, welche man vielleicht längst kennen zu lernen gewünscht 
hatte, machen sympathisch gestimmt und verdrängen in vielen Fällen alte 
Vorurtheile und Abneigungen. Und diese Einwirkung auf die Gesittigung
	        
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