630 Die verbesserten Verkehrseinrichtungen.
welcbe ihre eigenen Interessen haben und eifrig verfolgen, deren Wurzel
nicht, etwa der Staat ist. Die atomistische Gleichheit der modernen Gesell-
schaft wird dadarch gebrochen und es entstehen analoge Verhältnisse mit
denen, welche im Mittelalter Staat und Gesellschaft zu den grossen Vasallen
oder den selbstständigen Städten batten. Der nicht selten in unsern Tagen halb
im Scherze halb vorwurfsvoll gebrauchte Ausdruck «Iudustrie-Barone> passt
hier vollkommen. — Drittens ist nicht ganz zu überselen, dass die Auctlorität
der Regierung überliaupt durch eine so grosse neue Thätigkeit und einen
verzweigten Wirkungskreis im Allgemeinen gewinnt. Eine Menge von In-
teressen und Wünschen der verschiedensten Art hängen vou ihr ab; sie
kommt handelnd uud befellcud nach alleu Seiten hin in Berührung und
macht sich fühlbar; Jeder muss sich sagen, dass sie vom wesentlichsten Ein-
Hlusse auf eine neuc grosse Lebensbeziehung des ganzen Volkes ist. Diess
gibt Ansehen uud ergäuzt zun Theile wenigstens die Eiubusse, welche
die Auctorität der Regierung in unserer Zeit vielfach erlitten hat, sei es
durch weit verbreitete Opposition, sei es durch Eiuräumung von Selfgovern-
ınenten. Tritt dagegen ein Privalunternchmen an die Stelle der Regierung.
so gelit an diese die Bedeutung über und der Staat gewinnt nicht nur
nichts, sondern verliert sogar noch durch seine Passivität, — Es wird nicht
bestritten werden wollen, dass diese Verhältuisse der Beachtung wohl werth
sind. Die drei angegebenen Gründe grösseren Einflusses durch den Besitz
von Eisenbalınen fallen namentlich iu Betreff des Verhältnisses der Regie-
rung zur Gesellschaft bedeutend ius Gewicht. Ausserhalb der eigentlichen
Staatszwecke liegende grosse Interessen der Bevölkerung werdeu mit dem
Staate in innige Berührung gebracht und es eutsteht dadurch ein neues
Band zwischen Jen allgemeinen meuschlichen Zuständen und dem politischen
Organismus, während umgekehrt bei einer Uelerlassung der Eisenbalınen an
Private diese Beziehungen der Stautsspliäre entgehen und zu deren wenig-
steus verliältnissinässigen Beiseitsetzung führen. Dass diese Seite der Con-
troverse über Staats- und Privatbau immer gehörig gewürdigt worden ist,
darf wohl bezweifelt werden. In der Literatur hat sie, wenigstens wıseres
Wissens, keine Beachtung gefunden.
Glücklicherweise liegen nun aber die hauptsächlichsten Folgen der
Eisenbahnen nicht auf diescın zweifelhaften Felde, sondern treten überall
ein, ob der Staat vder eine Privatgesellschaft das Unternehmen ausgeführt
hat. Sie treten so gleichförmig ios leben und sind für die Bevölkerungen
so wichtig, dass sich die Wenigsten uın jene ihren persönlichen Interessen
ferne liegenden Unterschiede irgend bekümmern, zufrieden mit dem, was
sie haben. Und selbst in politischer Beziehung ist es am Ende ziemlich
gleichgültig, ob eine bestimmte Wirkung auf die Gesammtheit oder auf
Einzelne durch die eine oder die andere Gattung von Bahnen ausgeübt