Full text: Staatsrecht, Völkerrecht und Politik. Dritter Band. (3)

Die verbesserten Verkehrseinrichtungen. 639 
von Eisenbahnen und Dampfschiffen möglich gemachte, Häufigkeit und Schnel- 
ligkeit der Besorgung sind unzweifelhaft selır angenelime und sehr nützliche 
Dinge; aber dass sie die Gesellschaft umgestaltet oder wesentliche Aen- 
derungen in den Aufgaben des Staates veranlasst hätten, kann nicht be- 
bauptet werden. Auclı ohne Ueberschätzung ist jedoch hinreichende Veran- 
lassung zu dankbarer Anerkennung. 
Das Erfreulichste ist, dass Jie Verbesserungen im Postwesen nur Vor- 
theile für das Publikum bringen und auch vom Staate, eine vorüber- 
gehende Verminderung der Einnalune von Briefen abgerechnet, kein Opfer 
verlangen. Es werden keine bestelienden Interessen verletzt, keine Störungen 
in gesellschaftlichen Zuständen herbeigeführt. Der Vortheil des Empfunges 
häufiger, schneller und wolılfeiler Mittbeilungen ist ein ganz individueller, 
welcher die Richtungen und die Organisation der Gesammtheit nicht berührt. 
Jeder der vielen Hunderte von Millionen Briefe, welche itzt mehr ge- 
schrieben und empfangen werden als früher, mag in Betreff auf Wissen, 
Geschäft oder Gefühl irgend etwas Gutes wirken, und es ist diess in der 
Zusammenreclnung wahrlich keine Kleinigkeit; aber es vertheilt sich diess 
über die ganze Bevölkerung, gereicht zunächst nur dem Einzelnen zur 
Freude oder zum Nutzen, und lässt wesentlich Jeden an seinem Piatze. 
Nur mittelbar, nämlich in Folge der allgemeinen Belebung des geistigen 
und des geschäftlichen Verkehres, treten die Folgen der fraglichen Ver- 
besserung in die Oeffentlichkeit, aber immer mit Beibehaltung der bis- 
berigen Beziehungen und gesellschaftlichen Stellungen. Es wird Alles 
lebendiger, aber nichts anders. Am klarsten und wohl auch am schnellsten 
treten die Wirkungen der neuen Einrichtungen hervor in der Verbreitung 
der Zeitungen, wodurch — so viel auch im Allgemeinen und im Einzelnen 
an diesen Blättern auszusetzen sein mag — jedenfalls eine grössere Kennt- 
niss der Welt verbreitet, ein lebhafteres Interesse für die einheimischen 
Angelegenheiten erregt, endlich in vielen Beziehungen günstig auf die Ge- 
schäfte eingewirkt wird. Jene Anschauungen, nach welchen es im Vortheile 
einer ruligen Regierung und einer unangezweifelten Auctorität der legi- 
timen Gewalten zu liegen schien, die Verbreitung von Zeitungen naclı 
Kräften zu verhindern, namentlich durch hohes Porto dieselben den unteren 
Klassen unzugäuglich zu machen, sind verklungen. Da der blinde Gehorsam 
nicht hat aufrecht erlialten werden können, so muss ein auf Einsicht und 
Ueberzeugung gegründcter an seine Stelle gesetzt werden; zu dessen Her- 
vorrufung aber ist nicht spärliche und einseitige Bekanntschaft mit der Tages- 
presse dienlich, sondern im Gegentlieile eine möglichst vielseitige. Halbes 
Wissen schadet auch hier am sichersten. Namentlich seit der verhängniss- 
volle Schritt der allgemeinen Volksabstimmungen geschehen ist, können di
	        
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