Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

8 11. Polizeiverfügungen. 89 
urteilung gelangten Statuten eine Ortspolizeiverordnung, welche den Zwang 
zum Anschluß vorweg oder gleichzeitig ausgesprochen hat, zur Grundlage 
genommen, aber nicht autonom solchen Zwang gegen die Grundbesitzer an- 
zuordnen versucht. Insbesondere ist für Berlin zunächst unter dem 14. Juli 
1874 auf Grund der §8 5, 6 und 11 des Gesetzes vom 11. März 1850 nach 
Anhörung des Gemeindevorstandes eine Polizeiverordnung über den Anschluß- 
zwang ergangen und sodann unter dem 4. September 1874 ein Ortsstatut 
über die nähere Regelung der Kanglisation erlassen worden.“ 
Obwohl ein Anschlußzwang an eine städtische Wasser- 
leitung vorgeschrieben ist, besteht gleichwohl nicht die Verpflichtung 
der Grundstücksbesitzer, ihr Trink= und Gebrauchswasser aus- 
schließlich dieser Wasserleitung zu entnehmen: 
„.. Der durch Polizeiverordnung eingeführte Anschlußzwang, ohne 
den eine Gemeinde den mit der Errichtung einer öffentlichen Wasserleitung 
verbundenen Zweck einer Versorgung mit gutem Trinkwasser nicht würde 
erreichen können, hat nicht etwa so weitgehende Wirkung, daß er die ange- 
schlossenen Grundstückseigentümer verpflichtete, ihr Trink= und Gebrauchs- 
wasser nur aus der städtischen Wasserleitung zu entnehmen. Diese Annahme 
wäre mit dem im § 10 Tit. 17 T. II A#R. zum Ausdrucke gebrachten Grund- 
satze, wonach die Polizei bloß die zur Abwendung von Gefahren nötigen 
Anstalten zu treffen befugt ist, nicht in Einklang zu bringen. Denn es liegt 
auf der Hand, daß die Benutzung von einwandsfreiem Brunnen= oder Sec- 
wasser usw. neben dem Leitungswasser oder an dessen Stelle mit der Er- 
reichung des mit dem zwangsweisen Anschlusse verfolgten polizeilichen Zweckes 
sehr wohl vereinbar sein kann. Der Polizei ist daher nur die Berechtigung zu- 
erkannt worden, zur Einführung des Anschluß zwanges und zu dessen Durch- 
führung ihre Hilfe zu bieten; dagegen ist sie nicht ermächtigt, den einmal an- 
geschlossenen Grundbesitzern die Benutzung einwandfreien Wassers zu verbieten, 
um dadurch das Bestehen oder den besseren Erfolg einer kommunalen Wasser- 
leitung zu sichern (vgl. Immich, Kommunale Wasserleitungsanstalten, im 
Pr VerwBl. Jahrg. 28 S. 213 ff., insbesondere S. 216, wo es u. a. heißt: 
„Allerdings hat die Polizeibehörde nicht die Macht, die Entnahme einer 
bestimmten Wassermenge vorzuschreiben, und ebensowenig folgt aus dem 
Anschlußzwange, daß die Hausbewohner nicht auch Wasser aus Hausbrunnen 
oder einem anderen Brunnen, soweit sie dazu an sich berechtigt sind, zu 
Trink= und Wirtschaftszwecken entnehmen können ... siehe ferner die bei 
Immich angezogenen, in der Sammlung der Entsch. Bd. 39 S. 390 ff. und 
im Pr VerwBl. Jahrg. 23 S. 534, Jahrg. 24 S. 279 abgedruckten Urteile 
des Gerichtshofes, die der Polizei die Befugnis absprechen, einem Grund- 
stückseigentümer den eigenen Genuß gesundheitsschädlichen Wassers aus seinem 
Brunnen oder die Duldung des Genusses durch andere zu verbieten).“ 
(OV. 52 S. 378f.). 
Der Anschlußzwanguan städtische Kanalisationen entfällt dann, 
wenn die Gestaltung des Grundstückes den Anschluß an den Straßen- 
kanal mit Rücksicht auf die Höhenverhältnisse des Geländes unausführ- 
bar macht, weil von dem einzelnen nichts Unmögliches verlangt werden 
kann (OVG. 52 S. 421). Bei Einführung der Anschlußpflicht ist 
also regelmäßig mit der bestehenden natürlichen Gestaltung eines 
Grundstückes zu rechnen. Der Anschlußzwang besteht in diesen Aus-
	        
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