Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

100 Allgemeiner Teil. 
Rauchen und Trinken verboten werden. Anders liegt die Sache dann, 
wenn gleichzeitig Gefahren für Dritte hervorgerufen werden. 
Hierüber führt das OVG. 39 S. 390 nach Aufstellung der 
Grundsätze: 
„Die Polizei ist nicht befugt, einem Grundstückseigentümer den eigenen 
Genuß gesundheitsschädlichen Wassers aus seinem Brunnen oder die Duldung 
des Genusses durch andere zu verbieten; wohl aber kann sie von ihm, sofern der 
Brunnen für Dritte — gleichviel ob zum Betreten des Grundstücks berechtigte 
oder nichtberechtigte — Personen tatsächlich zugänglich ist, von dem Eigen— 
tümer die auf seine Kosten zu bewirkende Anbringung einer Aufschrift ver- 
langen, durch die in bestimmt vorgeschriebener Fassung vor dem Genusse des 
Wassers wegen der damit verbundenen Gesundheitsgefahr gewarnt wird“ 
folgendes aus: 
„Das Reichsgesetz, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Ge- 
nußmitteln usw. vom 14. Mai 1879 (REl. S. 145) dient einem solchen 
Verbot offenbar nicht zur Stütze. In der willkürlichen Wahl von Speisen 
und Getränken zum eigenen Genusse darf die Polizei den Einzelnen regel- 
mäßig auch nicht im Interesse seiner Gesundheit beschränken. Gefahren, 
denen sich der einzelne freiwillig aussetzt, wenn er gewisse Speisen und 
Getränke zu sich nimmt, rechtfertigen nicht ein polizeiliches Einschreiten. 
Denn Aufgabe der Polizei ist es im allgemeinen nicht, die Menschen gegen 
sich selbst zu schützen, und zu ihren Befugnissen gehört es im allgemeinen 
sricht, bestimmte Handlungen, die dem sie Vornehmenden selbst schädlich 
(werden können, aus diesem Grunde zu verbieten. Sonst würde die Polizei 
in die natürliche Handlungsfreiheit des Einzelnen eingreifen, die begrifflich 
auch in sich schließt, daß jeder über seinen Körper verfügen und insbesondere 
bestimmen kann, welche Nahrungs= und Genußmittel er seinem Körper 
zuführen will; die reine Selbstverletzung ist nicht strafbar . Fleich- 
wohl mag die Polizei unbedenklich befugt sein, einen Vergiftungsversuch 
wie überhaupt einen Selbstmordversuch oder einen Selbstverstümmelungs- 
versuch — letzteren auch in anderen Fällen als denen des § 142 des StGB. — 
zu hindern (vgl. §6 des Gesetzes zum Schutze der persönlichen Freiheit vom 
12. Februar 1850 — GS. S. 45 — § 25 der Gendarmerieinstruktion vom 
30. Dezember 1820 — GS. 1821 S. 1). Allein daraus folgt nicht, daß die 
Polizei dem Einzelnen auch andere nicht unmittelbar auf Vernichtung des 
Lebens oder auf Zerstörung von Organen gerichtete Handlungen verbieten 
darf, weil sie nachteilige Folgen für seine Gesundheit haben können 
Ist mit der tatsächlichen Möglichkeit einer Benutzung des Grundstücks 
durch Dritte zu rechnen, so muß der Eigentümer tunlichst dafür sorgen, daß 
der Zustand seines Grundstücks auch unter der Voraussetzung einer solchen, 
wenn gleich unbefugten oder ordnungswidrigen, Benutzung nicht gefahr- 
drohend sei. Die Fürsorge der Polizei beschränkt sich nicht auf den Schutz 
gegen Gefahren, denen jemand ausgesetzt ist, wenn er innerhalb seiner Be- 
fugnisse bleibt oder wenn er ordnungsmäßig handelt. Zu einem, dem poli- 
zeilich zu schützenden Interesse entsprechenden Zustande eines Grundstücks 
gehört auch die tunlichste Fernhaltung von Gefahren bei einer zwar unbefugten 
oder ordnungswidrigen, aber tatsächlich stattfindenden Benutzung des Grund- 
stücks. Hier ist überdies zu berücksichtigen, daß fremde Personen, die da- 
Grundstück betreten, ohne ein ausdrückliches Verbot des Klägers dessen Ein- 
verständnis mit der Benutzung des Brunnens leicht voraussetzen können. 
Man hat also nicht bloß an einen bewußt rechtswidrigen Genuß des 
Wassers zu denken. So hat auch das O. früher in einem ähnlichen Falle
	        
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