Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

§ 12. Rechtsmittel gegen Polizeiverfügungen. 127 
Vgl. auch O. 70 S. 379:1) 
. andererseits hat aber der Gerichtshof stets daran festgehalten, 
dab in der von der Polizeibehörde einem Unternehmer erteilten Ge- 
mehmigung (Erlaubnis) eine Verletzung der Rechte Dritter, die diesen die 
Rechtsmittel des 4. Titels des LVG. vom 30. Juli 1883 gegen die erteilte 
Genehmigung gewähren, regelmäßig nicht zu erblicken ist, auch wenn der 
Dritte ein erhebliches Interesse an der Nichtausführung des von der Ge- 
nehmigung betroffenen Unternehmens hat. „Denn dadurch, daß die Polizei 
ein Tun des Unternehmers duldet, greift sie — wie in dem Urteile vom. 
25. Okt. 1900 (Entsch, des O. Bd. 38 S. 367 ff.) dargelegt wird — selbst 
nicht in die Rechtssphäre des Dritten ein, gegen welchen sich etwa das Tun des 
Unternehmers richtet. Hier würde immer nur der Unternehmer selbst die 
angeblichen Rechte des Dritten verletzen, dieser würde sich also auch nur auf 
dem gesetzlich gegebenen Wege gegen den Unternehmer wenden können. Ein 
Eingriff der Polizei in die Rechte des Dritten würde nicht vorliegen, dem 
1) Der Rechtsfall war folgender: Der Landrat des Kreises O. hatte am 14. Mai 
1915 einer Baufirma T. die Genehmigung zur Auffüllung eines Sees — Wasserlaufes 
zweiter Ordnung — durch Ausspülen von Baggermassen erteilt. Gegen die Erteilung 
der Genehmigung erhob die Aktienges. „C. Wasserwerke“ als Anliegerin am See 
Beschwerde mit der Begründung, daß infolge der Zuschüttung ihre Grundstücke nicht 
mehr Ufergrundstücke des Sees bleiben würden und die Genehmigung nach den Be- 
stimmungen des Wassergesetzes v. 7. April 1913 nicht hätte erteilt werden dürfen. 
Der Regierungspräsident wies die Beschwerde zurück, indem er ausführte, daß die 
Genehmigung, wenn sie auch im Wege des Ausbauverfahrens gemäß §§ 152 ff. des 
WG. hätte erteilt werden können, doch auch, wie hier geschehen, durch eine polizeiliche 
Verfügung auf Grund des § 22 a. a. O. habe gewährt werden dürfen, denn erhebliche 
gesundheitspolizeiliche Gründe hätten für die Zuschüttung gesprochen. Da der Be- 
schwerde lediglich ein privatrechtlicher Schadenersatzanspruch zugrunde liege, müsse die 
A.-G. diese gegen die Firma T. im ordentlichen Rechtswege geltend machen. Der Ober- 
präsident wies die weitere Beschwerde zurück; er führte aus, daß § 153 Abs. 1 Ziff. 2 
des WG. nicht anwendbar sei, weil die Zuschüttung des Sees nicht unter den Begriff 
des „Ausbaues“ falle. Die Schlußklage der A.-G. auf Aufhebung der der Bau- 
firma T. erteilten wasserpolizeilichen Genehmigung zur Zuschüttung des E.-Sees 
wurde vom OVG. abgewiesen. 
Das OG. führt nach den obigen Grundsätzen folgendes aus: 
„ . Die angefochtene Genehmigung ist der Baufirma T. von der Wasserpolizei- 
behörde vorbehaltlich der privatrechtlichen Ansprüche Dritter erteilt worden. Sie ist 
lein besonderer Rechtstitel und bedeutet nichts anderes als die Erklärung der zu- 
ständigen Behörde, daß dem beabsichtigten Vorgehen der Firma Gründe polizeilicher 
Natur, Hindernisse in dem öffentlichen Rechte nicht entgegenstehen, nicht aber liegt 
darin eine Auflage, daß das Unternehmen nunmehr auch ausgeführt oder von einem 
Dritten geduldet werden müsse. Es kann in dieser Hinsicht nur den Ausführungen 
von Holtz und Kreutz, Komm. zum Wassergesetz, Bd. 2 in Anm. 3 zu § 379 S. 414 ff. 
beigetreten werden. Der in Frage stehenden Genehmigung kommt daher lediglich 
polizeilicher Charakter zu, und die Folge davon ist, daß der Klägerin trotz dieser Ge- 
nehmigung ihre privatrechtlichen Ansprüche ungeschmälert bleiben, sie insbesondere 
auch auf Unterlassung der Zuschüttung und Wiederherstellung des früheren Zustandes, 
nicht nur auf Schadenersatz, klagen kann, sofern sie durch das Vorgehen der Firma . 
in ihren Privatrechten verletzt zu sein glaubt. Die Rechtsmittel aus §8§ 127 ff. des 
LV. sind ihr aber nach vorstehendem nicht gegeben, und zwar auch dann nicht, wenn, 
wie sie behauptet, die der Firma T. erteilte Genehmigung gegen Bestimmungen des 
öffentlichen Rechtes verstoßen sollte, da das Gesetz auf dem hier in Frage kommenden 
Gebiete nicht jeden Beteiligten zur Wahrung der öffentlichen Irteressen beruft und 
wine Srsennute Popularklage dem geltenden Rechte fremd ist . . ,“ (OVG. a. a. O.
	        
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