Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

132 Allgemeiner Teil. 
VI. Erhebung der Klage bei den ordentlichen Ge— 
richten nach dem preußischen Gesetz über die Zulässig— 
keit des Rechtsweges in Beziehung auf polizeiliche 
Verfügungen vom 11. Mai 1842 in Verbindung mit 
8874/75 Einleitung zum ALR. (Vgl. Art. 109 EG. zum BGB. 
und Art. 89 Ziff. 1a preuß. Ausf.-Gesetz zum BG.). 
a) Die materiellen Grundlagen. ALR. Einleitung §74 be- 
stimmt: „Einzelne Rechte und Vorteile der Mitglieder des Staates 
müssen den Rechten und Pflichten zur Beförderung des gemeinschaft- 
lichen Wohles, wenn zwischen beiden ein wirklicher Widerspruch (Kol- 
lision) eintritt, nachstehen.“ 
§ 75: „Dagegen ist der Staat denjenigen, welcher seine beson- 
deren Rechte und Vorteile dem Wohle des gemeinen Wesens aufzu- 
opfern genötigt wird, zu entschädigen gehalten.“ 
Vgl. hierzu RGZ. 16 S. 159; 17 S. 103; 41 S. 142; 49 S. 252: 
72 S. 89; 79 S. 434; Gruchot 49 S. 1132; 54 S. 639. 
b) Geltungsgebiet. 88 74/75 Einleitung zum ALR. gelten auch 
für die Rheinprovinz (daher auch für alle anderen seit 1794 erwor- 
benen Gebietsteile Preußens): „da diese Bestimmung, obwohl der 
gewährte Anspruch dem Privatrecht angehört, nicht rein privatrecht- 
licher, sondern ihrem Grunde nach staatsrechtlicher Natur ist“ (Re#. 
64 S. 184) 1). 
Gewohnheitsrechtlich gilt dieser Grundsatz aber auch bei 
Eingriffen in „wohlerworbene Rechte“ durch Polizeiverfügungen auch 
im Gebiete des gemeinen Rechtes (RG. bei Gruchot 56 S. 1173). 
c) Auslegung über diese Gesetzesbestimmungen führt das RG. 
bei Gruchot 56 S. 1118 aus: 
„Erste Voraussetzung für die Verpflichtung des Staates zur Entschä- 
digung ist danach, daß ein Mitglied des Staates nicht bloß „einzelne Rechte 
und Vorteile“, sondern „seine besonderen Rechte und Vorteile“ hat auf- 
opfern müssen. Das Beiwort „besondere“ bezieht sich nicht bloß auf Rechte, 
sondern auch auf Vorteile, und unter „besonderen Vorteilen“ ist nichts an- 
deres zu verstehen als „besondere Rechte“, aus denen sich Vorteile ergeben, 
das Wort „Vorteile“ ist nur zur weiteren Verdeutlichung desjenigen, das auf- 
geopfert sein muß, hinzugefügt (vgl. RG. in Gruchots Beitr. 29, 679). 
„Besondere Vorteile“ gewährende „besondere Rechte“ sind aber nur 
wohlerworbene Privatrechte. „Einzelne“ Vorteile, die aus einem tatsächlichen 
1) §§ 74, 75 Einleitung zum ALR. gelten auch für die deutschen Schutzgebiete. 
Nach §3 des Schutzgebietsgesetzes v. 25. Juli 1900 gelten die in § 19 des Konsularges. 
v. 7. April 1900 bezeichneten Vorschriften der Reichsgesetze und der preuß. Gesetze 
und zwar für die der Konsulargerichtsbarekit unterworfenen Personen — einschließlich 
der deutschen juristischen Personen (vgl. §2 KcGG.) — die dem bürgerlichen Recht 
angehörenden Vorschriften der Reichsgesetze und daneben die innerhalb Preußens im 
bisherigen Geltungsgebiet des preuß. ALR. in Kraft stehenben allgemeinen Gesetze. 
Vgl. ferner Art. 109 des Einf.-Ges. zum B#B. und Art. 89 Ziffer 1 a des Preuß. 
Ausf.-Ges. zum BG#.
	        
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