Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

g 13. Ausnahmen von den ordentlichen Rechtsmitteln. 143 
Eine besondere Form für die Vorladung auf die Polizeibehörde 
ist nicht vorgeschrieben. Es bestimmt aber eine Ministerialverfügung 
vom 7. Dezember 1899, daß dem Publikum die Erfüllung seiner Ver- 
pflichtung zur Zeugnisablegung möglichst leicht gemacht, möglichst 
eine Befragung in der Wohnung, oder Erledigung der Sache auf 
schriftlichem Wege versucht werden soll. 
Aus 8§ 10 II 17 ALR. leitet das RG. in Straff. Bd. 3 S. 188/89 
auch das Recht der Polizei her, polizeilich noch nicht kontrollierte, 
d. h. der Sittenpolizeikontrolle noch nicht unterstehende Dirnen, welche 
der gewerbsmäßigen Unzucht verdächtig sind, zur Polizeiwache zu 
sistieren und über ihre Verhältnisse auszufragen. Derartige Personen 
können auch nach § 6 des Gesetzes zum Schutze der persönlichen Frei- 
heit rem 12. Februar 1850 in polizeiliche Verwahrung genommen 
werden. Das R. führt a. a. O. aus: 
„Nach § 361 Nr. 6 St GGBB. werden bestraft: 1) die wegen gewerbs- 
mäßiger Unzucht einer polizeilichen Aufsicht unterstellten Weibspersonen, 
wenn sie den in dieser Hinsicht zur Sicherung der Gesundheit, der öffent- 
lichen Ordnung und des össentlichen Anstandes erlassenen polizeilichen 
Vorschriften zuwiderhandeln; 2) die nicht polizeilich kontrollierten Dirnen 
wegen gewerbsmäßiger Unzucht.“ 
Indem diese Strafbestimmung die Befugnis der Polizeibehörden unter- 
stellt, liederliche Weibspersonen einer polizeilichen Aufsicht zu unterstellen, 
setzt sie auch voraus, daß diesen Behörden rechtlich die Möglichkeit ge- 
währt sei, diese Befugnis in den einzelnen Fällen auszuüben. Dazu gehört 
aber notwendig, daß ihnen auch das Recht zugestanden wird, solche polizeilich 
noch nicht kontrollierte Dirnen, welche der gewerbsmäßigen Unzucht ver- 
dächtig sind, insbesondere also auch solche, welche unter verdächtigen Um- 
ständen im Verkehr mit Absteigequartieren von Polizeibeamten betroffen 
werden, zur Polizeiwache sistieren zu lassen, um dort die betreffenden Ver- 
hältnisse zu untersuchen und danach prüfen zu können, ob Grund vorliegt, 
diese Personen unter Aufsicht der Sittenpolizei zu stellen. Vorschriften nach 
dieser Richtung zu geben, ist Sache der Landesgesetzgebung. Für Preußen 
folgt diese gesetzliche Befugnis der Polizeibehörden schon aus der allgemeinen 
Vorschrife des AL. II 17 § 10. (Wird zinert). 
Dies wird auch durch §6 des Gesetzes vom 12. Februar 1850 bestätigt, 
wonach den Polizei= und Kriminalbehörden, sowie den Wachmannschaften 
sogar die Befugnis eingeräumt ist, Personen in polizeiliche Verwahrung zu 
nehmen, wenn entweder der eigene Schutz dieser Personen, oder die Aufrecht- 
erhaltung der öffentlichen Sittlichkeit, Sicherheit und Ruhe diese Maßregel 
dringend erfordern. 
Wenn demnach die Polizeibehörden eine solche Sistierung von der Prosti- 
tution verdächtigen Dirnen in einer generellen Instruktion für die Schutzleute 
anordnen und die Unterbeamten im einzelnen Falle dieser Instruktion Folge 
leisten, so haben sie sich beiderseits innerhalb ihrer Amtsbefugnisse bzw. 
Pflichten gehalten, sofern dabei die gesetzlichen Vorschriften über die Unver- 
letzlich keit der Wohnungen gewahrt sind. Eine solche Sistierung zur Polizei. 
ist weder eine Verhaftung im Sinne der 8§ 112 f. St PO., noch eine vor- 
läufige Festnahme im Sinne der 88 127—129 a. a. O.“
	        
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