Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

144 Allgemeiner Teil. 
8 14. 
Das Verwaltungsstreitverfahren. 
I. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit. 
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Entscheidung im Verwaltungs- 
streitverfahren) ist diejenige Gerichtsbarkeit, welche von den Verwal- 
tungsgerichten auf Grund der §§61—112 des LVG. ausgeübt wird. 
Verwaltungsgerichte sind die Kreis-(Stadt-) Ausschüsse, die Bezirks- 
ausschüsse und das Oberverwaltungsgericht in Berlin. „Verwaltungs- 
gericht“ ist im Zweifel der Bezirksausschuß (87 LVG.). 
Das Verwaltungsstreitverfahren tritt nach §54 Abs. 2 LVG. in 
allen Angelegenheiten ein, in welchen die Gesetze 
a) von der Entscheidung in streitigen Verwaltungssachen oder 
b) von der Erledigung der Angelegenheit im Streitverfahren oder 
durch Endurteil oder 
c) von der Klage bei dem Kreis-, Bezirksausschuß= oder einem 
Verwaltungsgerichte sprechen oder 
d) wo sonst dieses Verfahren gesetzlich vorgeschrieben ist. 
Vor die ordentlichen Gerichte, welche gemäß § 13 GVG. zu 
Entscheidungen aller bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Straf- 
sachen zuständig sind, sofern nicht die Zuständigkeit von Verwaltungs- 
behörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder reichsgesetz- 
lich besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind, gehören öffent- 
lich-rechtliche Rechtsfragen — sofern es nicht bloße Vorfragen sind 
— nur kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung. 
Andererseits entscheiden die Verwaltungsgerichte grundsätzlich nur 
über öffentlich-rechtliche Fragen, ohne daß dieser Grundsatz jedoch ge- 
setzlich prinzipiell ausgesprochen ist. Grundsatz ist, daß auch die Ver- 
waltungsgerichtsbarkeit nur eingreift, wenn ein Gesetz oder eine 
Verordnung dieselbe für zulässig erklärt. Ausnahmsweise sind die 
Verwaltungsgerichte auch zur Entscheidung bürgerlich-rechtlicher 
Fragen befugt, z. B. nach § 84 des Feld- und Forstpolizeigesetzes 
vom 1. April 1880 über den durch Betreten von Vieh auf Grund- 
stücken entstandenen Schaden oder nach §59 der Jagdordnung vom 
15. Juli 1907 über Wildschaden oder nach §24 Abs. 2 der Jagdord- 
nung über die Frage der Nichtigkeit von Jagdpachtverträgen zwischen 
dem Jagdvorsteher und Jagdpächter. Ebenso wie die ordentlichen 
Gerichte öffentlich-rechtliche Vorfragen entscheiden können, steht auch 
den Verwaltungsgerichten die Entscheidung privatrechtlicher Vorfragen 
zu. Im übrigen ergehen alle Entscheidungen der Verwaltungsgerichte 
„uUnbeschadet aller privatrechtlichen Verhältnisse“ (87 Abs. 1 S. 2
	        
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