Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

§ 14. Das Verwaltungsstreitverfahren. 149 
Von der Zustellung an laufen nach §52 LV. die Fristen für 
die Anbringung der Klage (und Beschwerde), des Antrages auf münd- 
liche Verhandlung sowie alle Fristen des Verwaltungsstreitverfahrens. 
Sämtliche Fristen sind Ausschlußfristen. Für ihre Berechnung gelten 
die bürgerlichen Prozeßgesetze, d. h. 8§ 222, 224 Abs. 3 ZPO. in Ver- 
bindung mit 8§§ 187 bis 193 BGB. Da die Fristen Ausschlußfristen 
sind, laufen sie auch in den Gerichtsferien und können durch Verein- 
barung der Parteien weder verlängert noch verkürzt werden und nur 
in besonders bestimmten Fällen vom Gericht verlängert werden. Gegen 
ihren Ablauf ist die Wiedereinsetzung möglich (§112 LVG.). Vgl. 
z. B. § 65 Abs. 2 LVG. 
. Über Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens gibt 
das LVG. keine Bestimmungen. Die Vorschriften der ZPO. finden 
keine Anwendung. Was insbesondere die Aussetzung betrifft, 
so kann sie stattfinden, wenn sie für die sachgemäße Behandlung und 
Erledigung des Streitverfahrens notwendig oder zweckmäßig erscheint 
(OVG. 65 S. 443). Im übrigen muß das Verwaltungsgericht von 
Amts wegen die erforderlichen Verfügungen treffen, mit deren Zu- 
stellung die Unterbrechung aufhört. 
8. Die Klageänderung ist nach §71 Abs. 2 LVG. in erster 
Instanz zulässig, sofern hierdurch nach dem Ermessen des Gerichtes 
das Verteidigungsrecht der Gegenpartei nicht geschmälert oder eine 
erhebliche Verzögerung des Verfahrens nicht herbeigeführt wird. In 
zweiter Instanz ist sie gänzlich ausgeschlossen (§92 Abs. 1 L W.). 
9. Die Widerklage ist im LWV. nicht erwähnt. Sie wird je- 
doch für zulässig gehalten: 
„Es mag zugegeben werden, daß die Anstellung einer Widerklage 
ohne weiteres und allgemein für das Verwaltungsstreitverfahren nicht 
als ausgeschlossen zu erachten ist; nicht minder aber folgt aus dem 
Wesen einer Widerklage, als einer von der Gegenseite angestellten 
Klage, daß an die erstere alle Anforderungen ihrer Zulässigkeit gestellt 
werden müssen, welchen die letztere unterliegt — darunter als erste 
und unerläßlichste die, daß der im Wege der Widerklage geltend ge- 
machte Anspruch überhaufpt durch ein Klagerecht geschützt ist“ (OVG. 
7 S. 325/26). 
10. Uber die Klagerücknahme fehlt es an einer Bestimmung. 
Sie wird für zulässig erachtet und zwar bis zur Rechtskraft des Ur- 
teiles — auch noch in zweiter Instanz (OVG. 27 S. 191). Auch 
eine teilweise Zurücknahme ist zulässig (OVG. im Pr Verw l. 10 
machungen des Gemeindevorstandes in Kommunalabgabensachen und die Zu- 
stellungen in Staatseinkommen= und Ergäuzungs steuersachen (858 StEstW G., 
857 Erg.-StG., Ansführungsanweisung v. 28. November 1899, Art. 28 Nr. 1—12).
	        
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