170 Allgemeiner Teil.
inhalt Erklärungen abzugeben und etwaigen ihr nachteiligen Schlüssen, die aus
den Akten gezogen werden könnten, entgegenzutreten. Das ergangene Urteil
hat demgemäß gegen einen fundamentalen, aus dem Verteidigungsrechte
folgenden Prozeßgrundsatz verstoßen, dagegen nämlich, daß keine Verurteilung
auf einer Grundlage erfolgen darf, zu deren Anfechtung die Partei überhaupt
nicht in der Lage gewesen ist; dasselbe unterliegt der Aufhebung, weil das
Verfahren, auf dem es beruht, an einem wesentlichen Mangel leidet (vgl.
O. 12 S. 64, 20 S. 191).“ (OVG. 25 S. 103/4).
9. Urteile.
Über das Urteil bestimmt 879 für alle Instanzen (vgl. 8§ 92, 95):
„Das Gericht hat nach seiner freien, aus dem ganzen Inbegriffe der
Verhandlungen und Beweise geschöpften überzeugung zu entscheiden. Beim
Ausbleiben der betreffenden Partei oder in Ermangelung einer Erklärung
derselben können die von der Gegenpartei vorgebrachten Tatsachen für zu-
gestanden erachtet werden. Die Entscheidungen dürfen nur die zum Streit-
verfahren vorgeladenen Parteien und die in demselben erhobenen Ansprüche
betreffen.“
Die Entscheidung kann in allen Instanzen ohne vorgängige An-
beraumung einer mündlichen Verhandlung erlassen werden, wenn
beide Teile auf eine solche ausdrücklich verzichtet haben (88 80, 92,
95). Die Verkündung der Entscheidung erfolgt grundsätzlich in öffent-
licher Gerichtssitzung. Die mit Gründen versehene Entscheidung ist
in allen Instanzen den Parteien und ev. dem besonderen Kommissar
(874 Abs. 2) zuzustellen. Erfolgt die Verkündung in nichtöffentlicher
Sitzung, so genügt die Zustellung (88 81, 92, 95).
a) Die Urteile sind entweder Endurteile oder Zwischen-
urteile. Letztere ergehen nach § 91, wenn die Berufung vom Vor-
sitzenden des Kreis= oder Bezirksausschusses aus Gründen des öffent-
lichen Interesses eingelegt ist, über die Vorfrage, ob das öffentliche
Interesse für beteiligt zu erachten ist, und nach §113 Abs. 4, wenn
von einer Partei in erster Instanz die Einrede der Unzuständigkeit
erhoben wird (fakultatives Zwischenurteil ). Über andere Fälle vgl.
Friedrichs, LVG. S. 191 Ziff. 5). Zwischenurteile sind mit den-
selben Rechtsmitteln wie Endurteile anfechtbar (OVG. 38 S. 194).
b) Das Urteil darf sich nicht auf Beweismittel stützen, bezüglich
welcher den Parteien keine Gelegenheit gegeben wurde, sich zu äußern
(OVG. 27 S. 318). Vgl. auch O## G. 28 S. 82/83:
„Di: Vorentscheidung ist wesentlich auf Tatsachen gegründet, die über-
haupt richt von den Parteien geltend gemacht worden waren, die vielmehr
erst der Vorderrichter von Amts wegen herangezogen hat. Dies durfte aber
nicht geschehen, ohne daß zuvor den Parteien Gelegenheit zur ÄAußerung über
1) Falls ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig ist, darf ein Zwischen-
urteil über den Grund allein nicht ergehen, weil eine dem § 304 3PO. entsprechende
Bestimmung im LVG. fehlt und gemäß § 79 LV . über den Anspruch endgültig zu
entscheiden ist (OVG. 14 S. 288).