Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

§ 14. Das Verwaltungsstreitverfahren. 177 
Anträge auf Erteilung der Erlaubnis zum Betriebe der Gast= und Schank- 
wirtschaft usw. unterliegen an sich dem Beschluß verfahren; die Verfügung 
auf dieselben kennzeichnet sich als reine Verwaltungssache. Gegenstand des 
Verwaltungsstreitverfahrens werden derartige Anträge erst, wenn von einer 
zuständigen Behörde Widerspruch erhoben oder gegenüber dem versagenden Be- 
schlusse des Kreisausschusses vom Konzessionssucher auf mündliche Verhand- 
lung angetragen wird (Abs. 2 und 3 ebendas.). Das alsdann eintretende 
Verwaltungsstreitverfahren behandelt nur den vorliegenden bestimmten 
Antragj es greift daher der Natur der Sache nach der Beurteilung eines 
zeitlich verschiedenen (späteren) anderen Antrages nicht vor. Wenn es außer 
allem Zweifel steht, daß in dem Falle, wo der abweisende Beschluß im Ver- 
waltungsstreitverfahren gar nicht angefochten war, der Kreisausschuß auf den 
erneuerten Antrag die Genehmigung erteilen kann, und wenn den Kreisaus- 
schuß als Beschlußbehörde gesetzlich nichts hindert, von dieser Befugnis selbst 
dann noch Gebrauch zu machen, nachdem ein voraufgegangener gleicher Antrag 
im Verwaltungsstreitverfahren bereits eine abweisende Entscheidung erfahren 
hat, so würde sich eine durch das Gesetz nicht gerechtfertigte und von dem- 
selben nicht beabsichtigte Folgewidrigkeit ergeben, wenn derselbe Kreisausschuß 
in seiner Eigenschaft als Spruchbehörde an die Vorentscheidung gebunden 
sein sollte. So wenig wie die verwaltende Behörde rechtlich behindert ist, 
über derartige Anträge stets nach ihrem jeweiligen freien Ermessen zu be- 
finden, ebensowenig erleiden die Verwaltungsgerichte, welche unter bestimmten 
Voraussetzungen an die Stelle der Verwaltungsbehörden treten, — den Vor- 
entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht minder als den früheren Be- 
schlüssen der Verwaltungsbehörde gegenüber — irgendeine Beschränkung in 
ihrer freien Beurteilung jedes einzelnen wiederholten Antrages. 
Die entgegengesetzte Annghme würde überdies mit den Fundamental- 
grundsätzen der Reichsgewerbeordnung vom 21. Juni 1869, insbesondere den 
Vorschriften der §8 1 und 33 unvereinbar sein. Danach wird durch Versagung 
der Schankwirtschaftskonzession das im allgemeinen jedem Staat angehörigen 
gewährleistete Recht nicht etwa derart aufgehoben, daß dasselbe im Sinne des 
§ Tit. 16 TeilI ALR. fortan als erloschen gelten müßte; das Gewerbe 
darf zwar erst nach Erteilung der polizeilichen Erlaubnis betrieben, diese Er- 
laubnis kann aber nur aus den im 8 33 angeführten Gründen versagt wer- 
den. Durch diese Versagung wird nur das festgestellt, daß zur Zeit des 
Ausspruch'ss Gründe vorlagen, welche der Erteilung der Erlaubnis ent- 
gegenstanden. Ein neuer Antrag erheischt eine neue selbständige Prüfung der 
zur Entscheidung über die Konzessionserteilung berufenen Behörde des In- 
halts, ob auch jetzt noch dieselben oder andere Gründe der Gewährung ent- 
gegenstehen. Würde die Behörde bei dieser Prüfung sich durch den früheren 
Ausspruch für gebunden erachten, so würde damit die Erlaubnis nicht aus 
einem der im § 53 a. a. O. vorgesehenen allein zulässigen sachlichen Gründe 
versagt werden, sondern lediglich aus dem formellen Grunde des Vorhanden- 
seins einer früheren Entscheidung, deren sachliche Richtigkeit einer erneueten 
Prüfung möglicherweise nicht einmal Stich hielte.“ 
Im übrigen wirken rechtskräftige Urteile auch im Verwaltungs- 
streitverfahren nur gegen die Parteien und ihre Rechtsnach- 
folger. Eine Wirkung für und gegen alle greift nur ausnahms- 
weise Platz, z. B. bei Entscheidungen, bei denen es sich um Status- 
rechte handelt, wie z. B. bei Wahlstreitigkeiten: 
„Eine Wahl kann nur einem jeden Beteiligten gegenüber entweder 
Mohn, Verwaltungsrecht. (Praktischer Teil.) 12
	        
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