Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

180 Allgemeiner Teil. 
„Die Einlegung des Rechtsmittels, mit welcher der Beklagte seiner 
Dienstbehörde gegenüber nur einer amtlichen Pflicht genügt, kann aus dem 
Grunde, weil sie erzwungen erfolgte, als eine unfreiwillige, nicht ernstlich 
gemeinte, nicht angesehen werden, da der Zwang von der hierzu völlig be— 
rechtigten Stelle ausging . . .“ (OVG. 9 S. 45). 
Dasselbe gilt von der Zurücknahme eines Rechtsmittels auf 
Anweisung der Dienstbehörde (OVG. 6 S. 391). 
k) Verbot der reformatio in pejus. 
Über dieses Verbot führt das OVG. 19 S. 128 aus: 
„Wenn auch für den Zivilprozeß die Verhandlungsmaxime es mit sich 
bringt, daß — abgesehen von dem Falle eines Anschlusses des Gegners — 
die angegriffene Entscheidung nicht zum Nachteile der Partei, welche das 
Rechtsmittel ergriffen hat, abgeändert werden darf und demgemäß der § 498 
der Z8PO.1) . bestimmt: „Das Urteil erster Instanz darf nur insoweit 
abgeändert werden, als eine Abänderung beantragt ist“ .. ., wenn ferner 
auch hiermit übereinstimmend nach § 79 (vgl. § 92) des LVG. vom 30. Juli 
1883 die Entscheidungen nur die im Streitverfahren erhobenen Ansprüche 
betreffen dürfen, so ist doch damit der hier vorliegende Fall nicht getroffen. 
Es kann nicht zugegeben werden, daß ein gegen die §§.79 und 92 des LV. 
verstoßendes Verfahren hier vorliegt, daß die Vorentscheidung die prozessuali- 
schen Grenzen, innerhalb deren sie sich bewegen durfte, unbeachtet gelassen 
hat. Entscheidend ist, daß der Kläger in materieller Beziehung durch das erste 
Urteil nicht abgewiesen, vielmehr nur im Verwaltungsstreitverfahren für un 
zulässig erklärt war. Erkannte der Bezirksausschuß auf die Zulässigkeit, so 
geschah dies nach dem Antrage der Beklagten. Im übrigen war noch 
res integra; nichts lag vor, in bezug worauf eine Verschlechterung der Lage 
der Beklagten eintreten konnte. Somit fehlte es durchaus an der Voraus- 
setzung dafür, daß der Beklagten durch reformatio in pejus zu nahe getreten 
werden konnte.“ 
Und ferner OV. im Pr VerwBl. 17 S. 137: 
„Der erste Richter hatte festgestellt, daß die Zuführung der Abwässer 
aus der klägerischen Färberei in die Deichsa mit Gefahren für das Publikum 
verbunden sei (8 10 Tit. 17 Teil II des ALR.). In Berücksichtigung des 
Zeitaufwandes, welchen die Anlage von Vorrichtungen zur Vermeidung der 
Zuführung der Abwässer in die Deichsa und zur anderweitigen Abführung 
derselben beanspruche, erschien es ihm aber angemessen, dem Kläger zur Aus- 
führung der Anlagen eine Frist bis 1. Mai 1894 statt der von der Be- 
klagten gestellten Frist bis 1. Juli 1893 zu bewilligen Wenn dem gegen- 
über das Berufungsurteil ausführt: Der §127 des 2VW., welcher von den 
Rechtsmitteln gegen polizeiliche Verfügungen handelt, kennt keine Modifi- 
kationen der angegriffenen Verfügung, sondern handelt nur davon, ob die- 
selbe zu Recht bestehe oder nicht, der Verwaltungsrichter darf deshalb nur 
auf gänzliche oder teilweise Wiederaufhebung bzw. Aufrechterhaltung erkennen 
(OVG. 6 S. 294, 10 S. 207), so ist diese Ausführung an sich vollkommen 
richtig, aber insofern nicht am Platze gewesen, als die Beklagte ihrerseits das 
erste Urteil, durch das die angegriffene Verfügung modifiziert worden war, 
micht mit der Berufung oder Anschlußberufung angegriffen hatte, mithin 
ein Antrag auf Wiederherstellung der Verfügung nicht gestellt worden war. 
Durch die gänzliche Abweisung der Klage hat sich der Berufungsrichter einer 
Jetzt 8 536 3Z O.
	        
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