Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

§ 14. Das Verwaltungsstreitverfahren. 181 
unzulässigen reformatio in pejus schuldig gemacht (§8§ 79, 92 des LG., 
§§ 2791), 4982) der ZPO., OVG. 19 S. 128), und seine Entscheidung unter- 
liegt der Aufhebung. Bei freier Beurteilung ist die Sache spruchreif, wobei 
davon auszugehen ist, daß die durch das Erkenntnis des Kreisausschusses 
geschaffene Lage nicht zu ungunsten des Klägers verschlechtert werden darf.“ 
1) Über die verschiedenartige Stellung des Berufungs= und 
Revisionsgerichtes führt das O. 49 S. 445 aus: 
„Verschieden sind die Aufgaben des Berufungsrichters und des Re- 
visionsrichters. Diesem liegt innerhalb der durch § 92 des WGG. ge- 
zogenen Grenzen die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung ob. Ergibt 
die Prüfung, daß die Entscheidung auf der Nichtanwendung oder auf der un- 
richtigen Anwendung des bestehenden Rechtes, insbesondere auch der von 
den Behörden innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Verordnungen be- 
ruht, oder daß das Verfahren an wesentlichen Mängeln leidet, so hebt der 
Revisionsrichter die Entscheidung auf. Durch die Aufhebung, und lediglich 
durch sie, erhält er freien Raum zur eigenen Beurteilung des Streitfalls. 
Erscheint bei dieser Beurteilung die Sache als nicht spruchreif, so weist der 
Revisionsrichter sie zur anderweitigen Entscheidung an die dazu nach der 
Sachlage geeignete Instanz zurück (8§§ 98, 99 a. a. O.). Dem Berufungs- 
richter ist dagegen eine Nachprüfung des erstinstanzlichen Spruches durch 
das Gesetz nicht übertragen. Ihm steht vielmehr die Entschließung über die 
Klage auf Grund des ihm vorliegenden Tatbestandes in vollem Umfang und 
in ganz derselben Weise wie dem ersten Richter zu. Gelangt er daher zu 
einem anderen Ergebnis als jener, so hebt er nicht seine Entscheidung auf, 
sondern ändert sie ab (vgl. § 89 Abs. 2 des LVG.). Erachtet er die Sache 
für nicht spruchreif, so ist er nicht genötigt, sie behufs Vornahme der er- 
forderlichen Ermittelungen an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Er ist befugt, 
seinerseits Untersuchungen an Ort und Stelle zu veranlassen, Zeugen und 
Sachverständige zu laden und eidlich zu vernehmen, überhaupt den ange- 
tretenen oder nach seinem Ermessen erforderlichen Beweis in vollem Umfang 
zu erheben (88 76, 92 Abs. 1 a. a. O.). Dieser Befugnis entspricht auch 
regelmäßig die Pflicht des Berufungsrichters, die erforderlichen Ermittlungen 
seinerseits vorzunehmen, wenn es ihm auch unter Umständen, insbesondere da, 
wo es sich um die Beurteilung örtlicher Verhältnisse handelt, freistehen mag, 
die Sache zu diesem Zweck an den ersten Richter zurückzuverweisen.“ 
VIII. Berufung (8§ 82—92). 
1. Gegen die in streitigen Verwaltungssachen ergangenen End- 
urteile der Kreisausschüsse, die Vorbescheide aus §64 und 
die ohne mündliche Verhandlung gemäß §67 ergangenen Bescheide 
findet die Berufung statt, sofern die Entscheidungen nicht endgültig 
oder die Rechtsmittel abweichend geregelt sind. 
Die Berufung steht den Parteien und aus Gründen des öffent- 
lichen Interesses dem Vorsitzenden des Kreisausschusses zu (8 82 
Abs. 1). Letzterer hat dies sofort zu erklären, in welchem Falle die 
Entscheidung einstweilen — jedoch höchstens 3 Tage — ausgesetzt 
wird. Die Verkündung der Entscheidung erfolgt mit der Eröffnung, 
ä Jetzt 8 308 800. 
5) Jetzt §8 536 3000. 
  
 
	        
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