Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

198 Besonderer Teil. 
der Regierung geknüpft (8 3 II. 12 ALR.; Kab.-Order vom 10. Mai 
1834, Gesetz betr. die Beaufsichtigung des unterrichtswesens von 1872 
und Verfügungen von 1834, 1842, 1866, 1887, 4. Februar 1906). 
Dies steht nicht mit der GewO. 81 in Widerspruch, weil 86 
der Gew O. ausdrücklich sagt, daß die Gew O. auf das Unterrichtswesen 
und die Erziehung der Kinder gegen Entgelt keine Anwendung findet. 
(Dagegen ist der Unterricht an Erwachsene frei. Reskript des 
Unterrichtsministers vom 27. Februar 1862.) 
Auch der Turn unterricht fällt nach RG. Strafs. 44 S. 22 trotz 
GewO. 8§ 35 I1 ev. unter 86 GewO., nämlich dann: 
„wenn nach den geltenden Vorschriften des Landesrechts der 
Turnunterricht ein Lehrgegenstand des öffentlichen Schul. 
unterrichts ist.“ 
Das ist aber in Preußen der Fall. 
„Der Privatunterricht ersetzt den Schulunterricht, wenn er solchen 
jugendlichen Personen erteilt wird, die nach dem regelmäßigen Lauf der Dinge 
eine niedere oder höhere Schule besuchen würden, ihr aber aus irgend 
welchen Gründen ferngehalten werden.“ (RGtrafs. 44 S. 22). 
Im 46. Bd. der Entscheidungen S. 312 ff. haben die Vereinigten 
Strafsenate im Gegensatz zu der Entscheidung im 44. Bd. entschieden, 
daß in Preußen die Aufsicht des Privatunterrichts sich nicht nur auf 
diejenigen erstreckt, welche jugendlichen Personen Privatunterricht als 
Ersatz für den Unterricht in einer niederen oder höheren Schule 
erteilen, sondern auf alle diejenigen Personen, die Jugend- 
lichen in noch schutzbedürftigem Alter Privatunterricht 
erteilen, ohne Rücksicht darauf, ob diese nach dem regelmäßigen 
Laufe der Dinge eine öffentliche Schule besuchen würden und als 
Ersatz hierfür sich den Privatunterricht erteilen lassen: 
it „8S1112 ALR., der von niederen und höheren Schulen handelt, be- 
immt: 
„Schulen und Universitäten sind Veranstaltungen des Staates, welche 
den Unterricht der Jugend in nützlichen Kenntnissen und Wissenschaften 
zur Absicht haben.“ 
Diese Vorschrift, die in der Vorliebe des Landrechts für Begriffsumschrei- 
bungen ihre Erklärung findet, rechtfertigt nicht die Deutung, daß, um von den 
Universitäten abzusehen, der Unterricht der Jugend in den staatlichen Schulen 
den Regelfall bilden, und der Privatunterricht nur vom Gesichtspunkt des 
Ersatzes behandelt werden solle. Das Landrecht wollte keine neuen 
Lehranstalten schaffen, sondern den Zustand des Schulwesens regeln, wie 
es ihn vorfand. Es wollte aber für alle Formen der Unterrichtserteilung, 
die bisher in Übung waren, ein Aufsichtsrecht des Staates begründen. 
Dies wird daselbst für öffentliche Schulen in 882 und 9 durch allgemeine 
Weisungen festgesetzt und bei den einzelnen Arten der Schulen in §§ 12—17 
und in 8855—63 des näheren ausgeführt. Der 83 regelt die staatliche 
Aufsicht über Privatschul- und Erziehungsanstalten. Das Landrecht weist 
aber den Gedanken ab, als ob es den Unterricht der Jugend auf diese Ver-
	        
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