Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

8 20. Gewerbe und Polizei. 235 
Auch die wiederholte Überschreitung der Polizeistunde berechtigt 
zur Annahme der Völlerei, da die Besorgnis einer Förderung derselben 
nicht von dem Nachweis abhängt, daß der Schankwirt den über- 
mäßigen Genuß berauschender Getränke durch Handlungen gefördert 
habe: das Unterlassen des rechtzeitigen Schlusses des Lokales, 
gleichviel, ob darin weiter ausgeschänkt wurde, kann zu jener An- 
nahme führen (OG. im Pr Verw l. 7 S. 219). Auch wenn der Kon- 
zessionsinhaber den übermäßigen Genuß von Speisen und Getränken 
seitens seines Personals in seinem Gewerbebetriebe nur duldet, 
kann Völlerei angenommen werden, zumal wenn es sich dabei um 
Kellnerinnen handelt, welche kein bares Gehalt erhalten, sondern nur 
Prozente von den genossenen Getränken, welche seitens der Gäste 
denselben gespendet und von den Mädchen selbst getrunken werden: 
„denn es liegt auf der Hand, daß Kellnerinnen, die sich für ihren 
Verdienst ausschließlich auf die Freigebigkeit der Gäste angewiesen 
sehen, vertraulichen Annäherungen und unsittlichen Zumutungen eine 
ausreichende Widerstandskraft entgegenzusetzen nur schwer in der Lage 
jein werden“ (OVG. im PrVerml. 24 S. 554). 
Zum Begriff des „verbotenen Spiels“ führt das O. 
in einer bei v. Kamptz, Rechtspr. des OG. Bd. 4 S. 62/63 mit- 
geteilten Entscheidung aus: 
„Es kann der Ansicht nicht beigetreten werden, daß mit den Worten 
„des verbotenen Spiels“ in § 33 Nr. 1 der RewJO. nur solches Spiel 
habe bezeichnet werden sollen, welches den Spieler selbst strafbar macht; 
daß also nur das gewerbsmäßige Glücksspiel (§ 284 des RSt GB.) und 
etwa das unbefugte Halten von Glücksspielen in einem öffentlichen Ver- 
sammlungsorte (§ 360 Nr. 14 ebendas.) hierunter zu verstehen seien. Mag 
auch der Wortlaut des Gesetzes der Ansicht des Revisionsklägers nicht gerade 
entgegenstehen, so hat doch eine derartige Beschränkung keinesfalls in der 
Absicht des Gesetzgebers liegen können. Der enge Zusammenhang, welcher 
zwischen § 33 Nr. 1 der RGewO. und § 285 des RSt#B. besteht, spricht 
vielmehr dafür, daß unter „verbotenem Spiel“ auch dasjenige Spiel zu 
verstehen ist, dessen Duldung dem Gastwirte verboten ist, wenn es 
auch sonst nicht strafbar sein mag. Wollte man nur das gewerbsmäßige 
Spiel darunter begreifen, so würde die Anwendung des § 33 Nr. 1 a. a. O., 
insoweit es sich um Förderung verbotenen Spiels handelt, überhaupt nur 
in den seltensten Fällen in Frage kommen können. Sieht man aber auch 
das unbefugte Halten von Glücksspielen in einem öffentlichen Versammlungs- 
orte (§ 360 Nr. 14 a. a. O.) als ein verbotenes Spiel an, so würde in jedem 
einzelnen Falle zu untersuchen sein, ob ein Bankhalter mitgewirkt hat oder 
nicht; man würde auf diesem Wege zu Unterscheidungen gelangen, welche 
wiederum der Absicht des Gesetzgebers gewiß fern lagen. Beabsichtigt ist 
jedenfalls nur, unter „verbotenem Spiel“ jedes Spiel zu begreifen, welches 
in irgendeiner Beziehung durch das Strafgesetz verboten ist. Mit Unrecht 
wird ferner . angenommen, daß das Vorhandensein der Gewinnsucht in 
allen Fällen Voraussetzung der Strafbarkeit des Glücksspiels sei .. Zum 
Begriff des Glücksspiels wird nicht nur erfordert, daß der Ausfall des Spiels 
wesentlich vom Zufalle abhängt, sondern auch, daß der Gegenstand des Ge-
	        
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