240 Besonderer Teil.
geistigen Getränken in Ortschaften mit weniger als 15000 Ein—
wohnern, sowie in solchen Ortschaften mit einer größeren Ein—
wohnerzahl, für welche dies durch Ortsstatut (8 142) festgesetzt
wird,
von dem Nachweis eines vorhandenen Bedürfnisses ab-
hängig sein solle.
„Landesregierung“ ist nach dem Allerh. Erlaß vom 17. März
1852 (GS. S. 83) der Minister des Innern (OÖO. 6 S. 274).
Was die Bedürfnisfrage betrifft, so hat die Praxis folgende
Rechtsgrundsätze auf#gestellt:
a) Esentscheiden nicht nur die kommunalen Grenzen,
innerhalb deren das Schanklokal liegt, sondern auch die
Zustände der Nachbarschaft:
„ .. Weder das Reichsgesetz vom 23. Juli 1879 (RGBl. S. 267), noch
auch die auf Grund desselben vom Königlich Preußischen Minister des Innern
erlassene Bekanntmachung vom 14. Sept. 1879 (Ml. d. i. V. S. 254), be-
stimmen, daß das Bedürfnis allein für denjenigen Ort, an welchem eine
Schankstelle errichtet werden soll, zu prüfen sei; vielmehr mache dieselbe die
Erteilung der Erlaubnis nur im allgemeinen von dem Vorhandensein eines
Bedürfnisses abhängig. Zwar hat die formelle Vorschrift im § 128 des
Zust Gesetzes vom 2. Juli 1876 (GS. S. 297)1), wonach die Gemeinde= und
Ortspolizeibehörden zu hören sind, unzweifelhaft nur den Gemeindevorstand
desjenigen Orts, an welchem ein neuer Schankbetrieb beabsichtigt wird, und
den Amtsvorsteher bzw. die Polizeiverwaltung desjenigen Bezirks, zu welchem
der Ort der Anlage gehört, im Sinne. Diese Vorschrift steht jedoch in keiner
Weise dem entgegen, daß die Gemeinde= und Ortspolizeibehörde das Be-
dürfnis nach der Errichtung einer Schankstätte als ein rein tatsächliches Ver-
hältnis ebenso, wie es in Wirklichkeit liegt, also ohne Scheidung nach den für
dasselbe tatsächlich bedeutungslosen kommunalen Grenzen beurteilen und
somit auch die Zustände der Nachbarschaft, soweit dieselben auf den von ihnen
vertretenen Bezirk von Einfluß sind, gleichfalls berücksichtigen. Dieser Auf-
fassung ist das OVG. in seiner Rechtsprechung auch schon bisher gefolgt.
Da nun die Vorentscheidung allein auf den Mangel eines Bedürfnisses ge-
stützt wird, bei Beurteilung des letzteren aber von jenem mit den gesetzlichen
Vorschriften nicht zu vereinbarenden Grundsatze ausgegangen ist, so war
dieselbe wegen unrichtiger Anwendung des bestehenden Rechtes aufzuheben“
(OV. 10 S. 259).
b) Die Bedürfnisfragemuß vom Standpunkt der Ord-
nungs= und Sittenpolizei aus daraufhin geprüft werden,
ob ein öffentliches Interesse vorliegt (OV. im Prerm.
2 S. 239).
c) Wesentlich ist das Verhältnis der vorhandenen
Schankwirtschaften zu der Größe und Art der Bevölke-
rung, sowie zu dem Umfang des Verkehrs:
„Damit ist aber die Beachtung anderweiter berechtigter Gesichtspunkte
nicht ausgeschlossen, namentlich, daß die Benutzung der bestehenden Anlage
1) Jetzt § 114 Abs. 3 des Zust.-Gesetzes v. 1. August 1883.