Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

8 20. Gewerbe und Polizei. 245 
Hofräumen und Gärten betrieben wird, nicht unter 8 33b fällt) 
nach 11 Uhr abends einschreiten, wenn hierdurch die Nachtruhe der 
Hausbewohner in einer die Gesundheit gefährdenden Weise gestört wird 
(OVG. im Pr Verw l. 29 S. 367). 
3. Beschränkungen der Gast= und Schankwirtschaften 
nach §6e PWV. in den Grenzen des 8§ 10 I 17 ALR. im öf- 
fentlichen Interesse. Hierunter fällt die Führung eines Frem- 
denbuches. Weigert der Gast die Eintragung, so darf der Gastwirt 
ihn zwar aufnehmen, muß aber der Polizei hiervon Mitteilung machen 
(KG. im Recht 1908 S. 822). Auch kann die Polizei verbieten, daß 
Kindern und Schülern, die nicht von Eltern, Lehrern oder Verwandten 
begleitet sind, geistige Getränke verabreicht werden oder ihnen auch 
nur der Aufenthalt im Lokal gestattet wird. Ebenso kann verboten 
werden, daß sich Kellnerinnen an die Tische der Gäste setzen, unan- 
ständige Kleidung tragen (Hosenröcke!) und daß Lauben eingerichtet 
werden, welche den freien Überblick über das Lokal hindern, nicht 
aber lediglich die Ankündigung, daß man Damenbedienung habe (rote 
Laternen!). 
4. Die Polizeistunde. Die Festsetzung einer Polizeistunde 
für den Wirtschaftsbetrieb, und zwar auch eine Anfangsstunde, ist 
zulässig, da sie das Strafgesetzbuch ausdrücklich vorsieht (§ 365). Sie 
braucht nach herrschender Ansicht nicht in Form einer Polizeiverord- 
nung ergehen (RG. Strafs. 49 S. 310) 1) und kann für einzelne Lokale 
verschieden sein. Sie gilt nicht für geschlossene Gesellschaften (OVG. 
42 S. 279 und Pr Verwl. 20 S. 68). . 
Ist eine Polizeistunde allgemein festgesetzt und sind Ausnahmen 
vorgesehen, so hat der Schankwirt gleichwohl nur auf die Anwendung 
dieser Polizeistunde ein Recht; die Verlängerung steht im Ermessen 
der Polizeibehörde (OVG. 50 S. 369). 
Sind Ausnahmen von der regelmäßigen Polizeistunde bewilligt, 
so darf die Zurücknahme der einem Gastwirte gewährten Verlängerung 
nur erfolgen, wenn sie durch erkennbare objektive polizeiliche Gründe 
gerechtfertigt wird (OVG. 50 S. 361ff.). 
Gegen die Entziehung einer verlängerten Polizeistunde gibt es 
aber dann eine Klage nach 88127/28 LVG. wegen Nichtvorliegens 
der tatsächlichen Voraussetzungen, wenn die Entziehung überhaupt 
nicht auf objektiven polizeilichen Motiven, sondern auf Willkür oder 
sonstiger Pflichtwidrigkeit der Polizei beruht (OVG. 2 S. 390ff.), was 
nicht der Fall ist, wenn wiederholt Klagen über nächtliche Ruhestörung 
eingelaufen sind. 
1 Die Anordnungen der zuständigen Verwaltungsbehörden über die einzuhaltende 
Polizeistunde sind deshalb keine selbständigen Polizeistrafverordnungen, weil sie sich nur als 
Ergänzung des im 8365StGB. mit Strafebedrohten Tatbestandes darstellen. So RG. a. a. O. 
Ebenso KG. in Johows Jahrb. Bd. 12 S. 169 und in der DIZ. 1900 S. 279.
	        
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