Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

260 Besonderer Teil. 
Mitteln (vgl. Pol. V. d. Polizeipräsidenten von Berlin vom 21. August 
1903, Amtsblatt Potsdam S. 403), sowie bei bestimmten bedenklichen Arz- 
neien nicht entgegen. Ebenso würden Vorschriften, welche etwa die An- 
kündigung der dem Rezepturzwang unterliegenden Mittel oder eine Anzeige 
von Heilmitteln gegen bestimmte besonders gefährliche Krankheiten (z. B. 
Tuberkulose, Krebs, Geschlechtskrankheiten) verbieten, sich innerhalb der Gren- 
zen des § 10 II 17 ALR. halten. Ein allgemeines Verbot der Ankündigung 
von Monopolmitteln aber ist ungültig. Es soll noch darauf hingewiesen 
werden, daß ein solches Verbot nur in einem Teil der preußischen Regierungs- 
bezirke besteht und seitens des zuständigen preußischen Ministeriums, welches 
in einer Reihe von Erlassen die Untersagung der Ankündigung von Geheim- 
mitteln, von Reklame= und Listenmitteln angeregt hat, niemals empfohlen ist 
und in dem 1910 dem Reichstage vorgelegten Entwurf gegen Mißstände im 
Heilgewerbe nicht enthalten war. Die Polizeiverordnung des Polizeipräsi- 
denten zu Berlin vom 1. August 1912 ist daher ungültig.“ 
Das RG. in Strafs. 47 S. 119/21 hat dagegen eine Polizeiver- 
ordnung, welche das Übertreibende oder Irreführende öffentlicher An- 
zeigen von Heilmitteln (sog. Heilmittelreklame) verbieten, für 
zulässig erklärt. Der Polizeipräsident von Berlin hatte durch Poli- 
zeiverordnung vom 21. August 1903 u. a. folgendes bestimmt: 
„Die öffentliche Ankündigung von . .Mitteln, welche zur Ver- 
hütung, Linderung oder Heilung von Menschenkrankheiten bestimmt 
sind, ist verboten, wenn den .. Mitteln besondere, über ihren 
wahren Wert hinausgehende Wirkungen beigelegt werden oder das 
Publikum durch die Art ihrer Anpreisung irregeführt wird.“ 
Das R. führt a. a. O. S. 120/21 aus: 
„Das Verbot. ist auch sachlich rechtsgültig, und zwar nach II 17 § 10 
ALR. und nach Söff. des Gesetzes vom 11. März 1850 über die Polizei- 
verwaltung. Es sollen die dem Publikum durch Krankheit drohenden Gefahren 
vermindert und dadurch Leben und Gesundheit der Menschen geschützt werden. 
Die verordnende Behörde geht ersichtlich davon aus, daß sich diese Gefahren 
erhöhen, wenn ungeeignete Heilmittel als gute oder in irreführender Weise 
öffentlich angepriesen werden, weil dann die Anwendung geeigneter Mittel, 
die Befolgung eines sachgemäßen Heilverfahrens, insbesondere unter Zu- 
ziehung eines Arztes, gar nicht oder verspätet stattfinden kann. Dieser er- 
höhten Gefahr, nicht einer bloßen Belästigung oder Benachteiligung des 
Publikums, will das Verbot entgegentreten. Es hält sich also innerhalb der 
Grenzen des polizeilichen Verordnungsrechts 
Gesetzliche Bestimmungen auch der Reichsgesetze, stehen dem § 4 der 
Verordnung nicht entgegen. Richtig ist, daß nach diesem §4 Handlungen 
strafbar sein können, die, als Vorbereitung eines Betrugs, nach §8§ 263, 43 
St GB. straflos sein würden. Aber die Polizeiverordnung will nicht das 
Vermögen, sondern, wie dargetan, Leben und Gesundheit schützen. Die Landes- 
gesetzgebung ist dadurch, daß das auf Vermögensschutz abzielende Betrugs- 
gesetz die Betrugsvorbereitung straflos läßt, nicht gehindert, zu Zwecken des 
Gesundheitsschutzes Strafverbote der in Frage stehenden Art zu erlassen. 
Ahnlich ist es mit dem Verhältnis der Verordnung zu dem Gesetze gegen den 
unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909, insbesondere dessen §4, der tat- 
bestandlich dem Verordnungsverbote nahesteht. Es ist nicht zu verkennen, 
daß Handlungen, die nach §§ 4 und 22 Unl W. nur auf Antrag strafbar
	        
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