268 Besonderer Teil.
die untersagung des Gewerbebetriebes der Klägerin gefördert und gesichert
wurde.
Den Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Annahme be-
gründet hat, daß die Schließung des Betriebes der Klägerin zunächst im In-
teresse der verklagten Stadtgemeinde erfolgt sei, ist durchweg beizupflichten. Es
ist Sache der örtlichen Polizei, Gefahren für Personen und Eigentum der
Ortsbewohner zu beseitigen; die Ansammlung größerer Mengen Knallqueck-
silbers in der Betriebsstätte an der W.-Straße bildete eine solche Gefahr. In-
dem die Maßregel des Bezirksausschusses zur Beseitigung dieser Gefahr für
das Gemeinwohl der Stadtgemeinde den Betrieb untersagte, verfolgte sie
deren Interesse. Der Bezirksausschuß bildet nach Maßgabe der gesetzlichen
Bestimmungen in §§ 51, 155 Abs. 2 GewO., §112 des preuß. Zuständigkeits-
gesetzes ein besonderes polizeiliches Organ derjenigen Gemeinschaften, die durch
jene Gefahr bedroht waren; insoweit dies die Stadtgemeinde B. war, ein Organ
dieser Stadtgemeinde. Dadurch wird die Verpflichtung der Stadtgemeinde
zum Schadensersatze gegenüber der Klägerin, der in §51 GewO. vorgesehen
ist, begründet.
Dagegen unterliegen die Ausführungen des Berufungsgerichts, die die
Schadensersatzverpflichtung des verklagten Staatsfiskus zu begründen bestimmt
sind, allerdings zum Teil rechtlichen Bedenken, und der dagegen von der Re-
vision gerichtete Angriff ist an sich gerechtfertigt. Das Berufungsurteil sieht
als einen diese Entschädigungspflicht begründenden Umstand das Interesse des
Staates als Eisenbahnunternehmers an. Der Staat ist aber als Eisenbahn-
unternehmer lediglich Gewerbetreibender und hat keine andere Stellung als ein
Privatunternehmer. Der richtige, auch vom Berufungsgerichte neben den
unmittelbaren Gefahren für den Betrieb des staatlichen Eisenbahnunter-
nehmens für die Entschädigungspflicht des Staates aufgestellte Gesichtspunkt
ist der des Allgemeininteresses, das in dem Eisenbahnbetriebe des Staates
gestört wird: auch wenn der Eisenbahnbetrieb nicht in den Händen des Staates,
sondern eines Privatunternehmers sich befunden hätte, wäre durch die Nach-
barschaft eines für Personen und Eigentum gefährlichen Gewerbebetriebes
das landespolizeiliche Interesse genau in gleichem Maße berührt. Denn der
Schutz des Weltverkehrs der Eisenbahnen, der reisenden Menschen und der
rollenden Güter ist recht eigentlich Aufgabe der Landespolizei. Nicht als
Privatunternehmer des Eisenbahnbetriebes, sondern als öffentliche Wohl-
fahrtsorganisation ist der Staat an dem Schutze der Eisenbahn gegen die
Gefahren des Gewerbebetriebes der Klägerin interessiert; und wegen dieses
Interesses ist seine Schadensersatzpflicht gegenüber der Klägerin zu Recht
ausgesprochen worden.“
821.
Baurecht.
I. Grundlagen des preußischen Baurechts.
A. Das Baurecht in Preußen ist zunächst durch den 8. Titel
des I. Teiles ALR. §829—82 „Vom Eigentum“ geregelt. Grund-
sätzlich besteht das Prinzip der Baufreiheit. So 865:
„In der Regel ist jeder Eigentümer seinen Grund und
Boden mit Gebäuden zu besetzen, oder seine Gebäude zu verän-
dern wohl befugt.“