Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

304 Besonderer Teil. 
kann nicht derart in zwei Teile gespalten werden, daß nur der beim Inkraft- 
werden der neuen Bestimmungen noch unvollendete Teil von diesen Be- 
stimmungen getroffen würde, der bereits aufgeführte Teil aber davon unbe- 
rührt bliebe; das verbietet sich von selbst; es müßte also jeder noch nicht 
ganz vollendete Bau den neuen Bestimmungen unterworfen werden. Danach 
würde im vorliegenden Falle der Kläger zur Niederlegung des Wohnhauses 
ben angehalten werden können, wenn dem Gebäude bei Inkrafttreten des 
tatuts etwa noch das Dach gefehlt hätte. Weiter müßten bei solcher Auf- 
fassung aber auch die erheblichsten Zweifel darüber entstehen, wann ein Bau 
als vollendet anzusehen sei; hierfür können die verschiedensten Zeitpunkte, 
z. B. die Herstellung des Rohbaues oder auch die Vollendung des inneren 
Ausbaues in Frage kommen und an einem genügenden Anhalte, um sich für 
den einen oder den anderen zu entscheiden, fehlt es durchaus.“ 
c) Die Praxis läßt widerrufliche Baugenehmigungen zu). 
Der Vorbehalt des Widerrufs ist aber keine Baubedingung, weil unter 
solchen nur Vorschriften zu verstehen sind, die bei der Ausführung 
des Baues zu machen sind. Die Zurücknahme der widerruflichen Bau- 
genehmigung ist eine polizeiliche Verfügung, die nicht nach Willkür, 
sondern nur auf Grund polizeilicher Motive erlassen werden darf 
(OV. 39 S. 356 ff., 57 S. 490, 495 und 69 S. 399). 
d) Einstweilige Vorenthaltung der Bauerlaubnis. 
Eine Bauerlaubnis kann wegen ungenügender Bauvorlagen 
einstweilen untersagt werden. Diese einstweilige Untersagung 
ist eine polizeiliche Verfügung, die der Anfechtung nach §§ 127/128 
LVG. unterliegt. Die Rechtslage ist dieselbe, mag das Baugesuch zur 
Vervollständigung der Bauunterlagen zurückgegeben oder die Bau- 
erlaubnis unmittelbar versagt worden sein (O. 57 S. 483, 45 
S. 396 und 12 S. 363). 
e) Versagung der Baugenehmigung. 
Über die Zulässigkeit der Versagung einer Baugenehmigung, 
die eine polizeiliche Verfügung ist, vgl. O#G. 61 S. 378: 
„Allerdings kann durch Versagen der Bauerlaubnis der Errichtung eines 
Gebäudes polizeilich entgegengetreten werden, welches — auch ohne Verstoß 
gegen bestimmte polizeiliche Vorschriften — durch seine Art und Beschaffen- 
heit oder die Eigenart seines Zweckes und seiner bestimmungsmäßigen Be- 
nutzung Gefahren für die öffentliche Sicherheit verursacht. Voraussetzung ist 
aber einerseits, daß diesen Gefahren nicht auf andere Weise als durch Ver- 
hinderung des Baues vorgebeugt werden kann, weil nach dem Wesen der 
Polizei der Polizeibehörde nur die nötigen Anstalten zur Erhaltung der 
öffentlichen Sicherheit zu treffen zusteht (vgl. § 10 II 17), und andererseits, 
wenigstens der Regel nach, daß die Gefahren die notwendige Folge des Baues 
selbst sind, daß der Bau als solcher gemeinschädlich oder gemeingefährlich 
ist (vgl. OVG. 24 S. 340, Bd. 38 S. 356, sowie ferner auch die Urteile 
Bd.7 S. 314, Bd. 36 S. 403 ff., 407, 408 das.).“ 
1) Die unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilte Bauerlaubnis erlangt nur 
mit der darin liegenden Einschränkung Wirksamkeit, woraus sich ergibt, daß auch Be- 
sitznachfolger des Grundstücks die rechtlich zulässige Einschränkung gegen sich gelten lassen 
müssen (O. 69 S. 399). 
  
 
	        
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