8 21. Baurecht. 307
herrn keine Rechtswirkungen, und die Polizei hat ungeachtet ihrer anfänglichen
— irrigen — Zustimmung gegen einen rechtswidrigen Bauzustand einzu-
schreiten, ohne Rücksicht darauf, ob der Bau schon ausgeführt ist oder nicht.
Anders sind die Fälle zu beurteilen, wo die Polizeibehörde bei einem Bau-
vorhaben nach freiem Ermessen zu befinden hat, z. B. wo das maßgebende
Baurecht für die Bauherstellung verschiedene Möglichkeiten gewährt und die
Zulassung der einen oder anderen derselben behördlich abzuwägen ist, oder
wo der Polizeibehörde die Gewährung von Ausnahmen gestattet ist. In
solchen Fällen kann von einem den Widerruf rechtfertigenden Irrtum nicht
die Rede sein, wenn nach Erteilung des Konsenses — ohne Veränderung der
Sach= und Rechtslage, besonders ohne das Hervortreten eines von der Polizei
wahrzunehmenden öffentlichen Interesses — nur die Anschauung der Behörde
hinsichtlich der Angemessenheit und Zweckmäßigkeit der Zulassung des Bau-
vorhabens wechselt, die Behörde in dem ihr zustehenden Ermessen geirrt zu
haben glaubt und sie zu der Ansicht, gelangt, daß die Verhältnisse anders,
als geschehen, zu beurteilen seien.
In den Entscheidungen Bd. 29 S. 390 hielt das OVG. unter
Bezugnahme auf vorstehende Entscheidung die Rücknahme eines Bau-
konsenses zur Errichtung eines Wohngebäudes für zulässig, nachdem
sich herausgestellt hatte, daß das zu errichtende Gebäude sich etwa
1000 m von einer Sprengstoffabrik entfernt befunden hätte.
Auch wenn eine Bauerlaubnis gegen Bestimmungen einer Bau-
polizeiordnung verstößt, kann sie wegen materieller Rechtswidrigkeit
widerrufen werden. Die Frage der Rechtswidrigkeit ist nach dem
zur Zeit der Entscheidung geltenden Baurechte zu entscheiden (OV.
im Pr VerwBl. 32 S. 350/51).
Nur bedingt erteilte Baugenehmigungen können — auch nach
Errichtung des Baues — zurückgenommen werden, wenn die Erfüllung
der Bedingung abgelehnt wird (OVG. 39 S. 356).
8) Baubedingungen.
Baubedingungen sind diejenigen „Anordnungen, an welche sich
der Bauherr bei der Ausführung des Baues zu halten hat,“1) und
zwar — im Gegensatz zu den unechten Bedingungen, die lediglich
Bestimmungen der Bauordnungen wiederholen — lediglich solche,
die den Bauherrn in der Baufreiheit nach öffentlichem Baurecht be-
schränken.
Baubedingungen sind zulässig; sie müssen jedoch dem polizei-
lichen, wenn auch nicht dem baupolizeilichen Gebiet angehören. Un-
zulässig wäre also eine Erlaubnis, die an die Zahlung von Bauge-
bühren oder an die Einreichung der für die Bemessung derselben er-
forderlichen Unterlagen geknüpft ist, da es sich hierbei nicht um
eine polizeiliche Angelegenheit handelt (OVG. 33 S. 414). Das gleiche
gilt von der Bedingung der Hinterlegung von Anliegerbeiträgen (OVG.
57 S. 487)
:) Vgl. Katz, Grundzüge des preuß. Baurechts. S. 75 § 20.
20“