§ 21. Baurecht. 319
Die Verpflichtung zur Herstellung und Unterhaltung von Vor-
gärten beruh“ unmittelbar auf dem FlG. und dem ordnungsmäßig
festgesetzten Fluchtlinienplan; durch Polizeiverordnung kann nur
die Art der Anlegung und Benutzung der Vorgärten geregelt werden
(OVG. 65 S. 422/23). Nach Sinn und Zweck des 81 Abs. 4 FlWG. ent-
steht auch für die Besitzer der bereits bebauten Grundstücke die Pflicht
zur Anlegung von Vorgärten, jedoch bedarf es nicht der Beseitigung
etwa vorhandener Gebäude zwecks Anlegung von Vorgärten, weil
dies dem Eigentümer des Grundstückes durch das Baufluchtengesetz
nicht zugemutet werden kann (OV. 69 S. 386).
Über die Vorgärten und ihre Beschränkbarkeit hinsichtlich der
Benutzung führt das OVG. im Pr Verw l. 15 S. 584 aus:
„Die Vorgärten sind nicht Teile der öffentlichen Straßen. Sic stehen
im Eigentum Privater, diese haben über sie aber nicht das Maß freier Ver-
fügung wie über ihre sonstigen Grundstücke. Durch die Festsetzung, daß die
Baufluchtlinien hinter den Straßenfluchtlinien zum Zwecke des Entstehens
von Vorgärten gezogen werden, wird den so entstehenden Vorgärten eine ge-
wisse Bestimmung gegeben. Sie sollen nicht nur als Mittelglied zwischen
Straße und Haus den Zugang zwischen beiden vermitteln, sondern, soweit
sie nicht Zugang sind, weiter, worauf ihre Bezeichnung als „Vorgärten“,
deren Quelle, das für ihre Einrichtung namentlich in Städten seit lange be-
stehende und verbreitete Herkommen, und endlich auch ihre Lage hinweisen,
als Gärten die Salubrität der Wohnplätze durch Zuführung von Licht
und Luft wie durch Pflanzenwuchs fördern und zugleich Verunstaltungen
der Straße ausschließen.
Die so aus polizeilichen Gesichtspunkten geschaffenen und nicht nur
privaten, sondern auch öffentlichen Interessen dienenden Vorgärten sind der
freien Verfügung ihrer Eigentümer durch ihre Bestimmung entzogen. Wie ihr
Bestand überhaupt, so untersteht auch ihre Einrichtung und Verwendung in-
soweit der polizeilichen Obhut, als es sich um die Erhaltung ihrer Bestimmung
handelt. Mit gutem Grunde hat daher auch der Stadtausschuß von Berlin
in seiner vorgedachten Entscheidung der Polizeibehörde die Bestimmung über
die Benutzung des Vorgartens zum Gewerbebetriebe, d. h. die Ent-
schließung darüber, welcher Beschränkung die private Dispositionsbefugnis
des Besitzers des Vorgartens mit Rücksicht auf die öffentlich-rechtliche Be-
stimmung des letzteren unterliegt, überlassen und in dieser Beziehung die
Vorgärten den öffentlichen Straßen gleichgestellt.“
Nach diesen Grundsätzen können die Ortspolizeibehörden posi-
tive Anordnungen über die Einrichtung (z. B. Einzäunung) und Be-
nutzung der Vorgärten (z. B. Verbot des Schankbetriebes in Vor-
gärten) nach Maßgabe polizeilicher Gesichtspunkte treffen. So auch
OG. 18 S. 374/75:
„Wie keines Beweises bedarf kann in den Vorgärten nicht jeder
Gewerbebetrieb zugelassen werden; regelmäßig wird vielmehr die Betreibung
eines Gewerbes im Vorgarten teils mit dem Zwecke desselben, teils mit
denjenigen Rücksichten, welche auf den Straßenverkehr zu nehmen sind,
mehr oder weniger unvereinbar erscheinen. Muß aber der Polizei die Be-
rechtigung zugestanden werden, von den Vorgärten die unstatthaften Ge-