22 Allgemeiner Teil.
Andererseits kann die höhere Instanz grundsätzlich nicht die
Erfüllung der Aufgaben der Ortspolizeibehörden an sich ziehen und
auf diese Weise in deren gesetzlich geordnete Zuständigkeit eingreifen:
„Wie in der Rechtsprechung des OVG. anerkannt ist, gestattet das
Gesetz das unmittelbare Einschreiten der Aufsichtsinstanz in die Zuständig-
keit der untergeordneten Behörde in polizeilichen Angelegenheiten nur unter
der Voraussetzung, daß der im öffentlichen Interesse zu erreichende Erfolg
nicht auf dem als Regel gegebenen Wege der Anweisung, sondern mit Sicher-
heit eben nur durch das eigene Handeln der Aufsichtsbehörde erwartet werden
kann. Dies trifft namentlich in Fällen besonderer Dringlichkeit sowie dann zu,
wenn in persönlichen oder sachlichen Verhältnissen Grund zu der Annahme
vorliegt, daß die untergeordnete Instanz nicht einschreiten kann oder wird.“
(OW. 59 S. 304).
V. Die Hilfsbehörden der Polizei sind „meist als Organe be-
zeichnete Beamte, Geschäftsstellen, welche keine Polizeibehörden sind,
aber im Auftrage einer solchen oder kraft Delegation die Polizei-
geschäfte wahrnehmen.“ (Vgl. Friedrichs, LVG. S. 289 Ziff. 23).
a) In der Ortspolizei: die Gemeinde= und Gutsvorsteher ½),
Feld= und Forsthüter, Polizei-Kommissare, Kreisärzte, ev. Hunde-
fänger und Nachtwächter und Chausseeaufseher, Schlachthofvorsteher.
b) In der Kreispolizei: die Ortspolizeibehörden und
Gendarmen?).
Über die Gendarmerie und ihre Rechtsstellung führt das
OVG. 69 S. 112/3 aus:
„Die Landgendarmerie ist eine staatliche, zur Erhaltung der öffent-
lichen Sicherheit, Ruhe und Ordnung auf dem platten Lande bestimmte, mili-
tärisch organisierte Polizeitruppe . . Sie ist zwar gemäß § 12 der Ver-
ordnung vom 20. Dezember 1820 im allgemeinen dazu bestimmt, die Polizei-
behörden in Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung im
Innern des Staates und in Handhabung der deshalb bestehenden Gesetze
und Anordnungen zu unterstützen; dadurch wird sie aber nicht zu einem un-
selbständigen Organe der örtlichen Polizeiverwaltung, sondern bleibt eine
besondere, neben der Polizeibehörde selbständig bestehende Staatseinrich=
tung (vgl. OVG. 31 S. 438). In ihrer Tätigkeit ist die Landgendarmerie
auch nicht auf die Unterstützung der Polizeibehörde beschränkt und bei der
Entfaltung ihrer Tätigkeit nicht von deren Ersuchen abhängig; vielmehr ist sie
1) Nach § 90 LGO. vom 3. Juli 1891 ist der Gemeindevorsteher, sosern er
nicht zugleich das Amtsvorsteheramt bekleidet, das Organ des Amtsvorstehers (bzw.
Distriktskommissars in Posen) für die Polizeiverwaltung. Kraft dieses Amtes hat er
das Recht und die Pflicht, da, wo die Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und
Sicherheit ein sofortiges polizeiliches Einschreiten notwendig macht, das dazu Erforder-
liche vorläufig anzuordnen und ausführen zu lassen. Vgl. ferner § 91 VO. Das
gleiche gilt nach § 123 LGO. für den Besitzer eines selbständigen Gutees, welcher
die in den S§ 90 und 91 LG. aufgeführten obrigkeitlichen Befuguisse der Polizei ent-
weder in Person oder durch einen von ihm zu bestellenden Stellvertreter auszuüben hat.
2) Vgl. 8§ 65 Abs. 2 der Kreis-Ordnung f. b. Piov. Ost= und Westpreußen, Bran-
denburg, Pommern, Schlesien u. Sachsen v. 13. Deg. 1872: „Die Gendarmen haben
den Requisitionen des Amtsvorstehers in polizeilichen Angelegenheiten zu genügen.
Der Dienstaufsicht des Amtsvorstehers unterliegen sie nicht.“