360 Besonderer Teil.
e) Rechte an öffentlichen Wegen.
Offentliche Wege sind öffentliche Sachen. Unter Aufrechterhal-
tung ihrer Zweckbestimmung können Rechte an ihnen begründet werden.
So können z. B. Pachtverträge über die Nutzung von Obstbäumen an
einer Chaussee geschlossen, Marktplätze vermietet werden. Auch
bei Benutzung eines Weges über den Gemeingebrauch hinaus
wird unter Zustimmung von Wegeunterhaltungspflichtigem, Eigen-
tümer des Weges und Wegepolizeibehörde ein besonderes Nutzungsrecht
begründet, z. B. bei Einlegung von Schienen in den Straßenkörper
(wobei für Anlegung von Klein= und Straßenbahnen noch das Klein-
bahngesetz v. 28. Juli 1892 zu beachten ist), Aufstellung von Masten
für elektrische Bahnen, Errichtung von Wartehallen auf der Straße.
Rechtlich sind derartige Verträge Miet-, Pacht= oder Leihverträge 1);
bei Anlegung eines besonderen Grundbuchblattes und Eintragung des
Rechtes kommt auch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit oder
ein Erbbaurecht in Frage.
Auch eine Ersitzung von Dienstbarkeiten an öffentlichen Wegen
ist in Wissenschaft und Rechtsprechung anerkannt, wie denn die neueren
Wegeordnungen sogar ausdrücklich Bestimmungen über privatrecht-
liche Nutzungs= und sonstige Rechte Dritter an öffentlichen Wegen
enthalten ohne Beschränkung auf Rechte, die schon bestanden haben,
ehe ein öffentlicher Weg vorhanden war. So ist z. B. die Ersitzung
eines Baumbenutzungsrechtes an Bäumen auf Land= und Heer-
straßen im Gebiete des ALR. bis zum 31. Dezember 1899 möglich
gewesen und zwar nach den allgemeinen Grundsätzen über die aner-
kannte Verjährung, die sich gemäß § 629 I1 9 ALR. gegen den Fiskus
als Eigentümer der Landstraßen in 44 Jahren vollzog, wozu noch
die Redlichkeit des Besitzers und die Tatsache hinzutreten mußte, daß
der Erwerber die Absicht hatte, ein Recht für sich zu besitzen und nicht
bloß eine Vergünstigung auszuüben. Nach O. 63 S. 312/14 be-
steht ein solches durch Ersitzung erworbenes Benutzungsrecht so lange,
als die Bäume vorhanden sind und hindert die Wegnahme ohne Willen
des Nutzungsberechtigten, schließt also sowohl das polizeiliche Ver-
langen, daß der Berechtigte die Wegnahme dulde, als auch daß er
sie selbst bewirke, aus (OVG. a. a. O. S. 314). Verträgt sich ein
solches Recht nicht mehr mit dem öffentlichen Verkehrsbedürfnis,
so kann seine Aufgabe nur gegen Entschädigung gefordert werden
(OVG. im PrVerw l. 26 S. 790).
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1) Nach RE. in JW. 1916 S. 600 sind Verträge, welche die überlassung der
Benutzung öffentlicher Straßen zum Eisenbahnbetriebe betreffen, als privat-
rechtliche, dem Mietstempel unterworfene Mietverträge anzusehen.