26 Allgemeiner Teil.
schränkung der Freiheit der Person haben die Motive zum Entwurfe der Straf-
prozeßordnung S. 70 zu §8 101, 102 diesem Gedanken Ausdruck gegeben,
in den Worten: „Wenn einige Gesetze die Untersuchungshaft auch noch als
Mittel zur Verhütung fernerer Verbrechen seitens des Beschuldigten kennen,
so ist gegen eine derartige Auffassung einzuwenden, daß die Strafprozeß-
ordnung nicht die Aufgabe hat, Vorbeugungsmaßregeln polizeilicher Natur zu
treffen, vielmehr nur die andere, die Formen der Anwendung des Straf-
gesetzes auf bereits vorgefallene Rechtsverletzungen zu schaffen.“
Vgll. Hahn, Materialien zur Strafprozeßordnung Bd. 1 S. 131.
Wie daher die Bestimmungen des neunten Abschnittes nicht entgegen-
stehen, eine Befugnis der Sicherheitsbeamten zur Festnahme zwecks Aufrecht-
erhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit auch außerhalb der Fälle und
Formen der Strafprozeßordnung geradeso fortbestehend anzuerkennen
wie die preußische Strafprozeßordnung vom 25. Juni 1867 (GS. S. 933) in
§ 127 ausdrücklich vorsah, daß die Befugnis der Polizeibehörden und Wach-
mannschaften, Personen in polizeiliche Verwahrung zu nehmen, wenn die Auf-
rechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ruhe diese Maßnahme dringend
erfordere, durch die vorhergehenden Bestimmungen über Untersuchungshaft
und vorläufige Festnahme als Maßregel der strafgerichtlichen Untersuchung
nicht berührt werde, — so kann es auch keinem gegründeten Bedenken
unterliegen, die Gendarmen auf Grund des § 16 der Verordnung über
die Organisation der Landgendarmerie vom 23. Mai 1867 (GS. S. 777) als
Hilfsbeamte der Polizeibehörden in Erhaltung der öffentlichen Ruhe,
Sicherheit und Ordnung, bzw. auch ohne besondere Requisition und Anweisung
der letzteren, nach Gestalt der Sache für ermächtigt anzusehen, die vorüber-
gehende Abgabe eines im erlaubten Eigentumsbesitz befindlichen Gegenstandes,
wenn sie durch jenen öffentlichen Zweck erheischt wird, anzuordnen, und ihnen
die Prüfung des Erfordernisses im Einzelfalle zu überlassen.
Im vorliegenden Falle hat die Strafkammer es dahingestellt gelassen,
ob der Gendarm zur Wegnahme des Stockes „unter dem Gesichtspunkte
einer prozessualen Beschlagnahme nach den Bestimmungen der Strafprozeß-
ordnung“ berechtigt gewesen, und vielmehr angenommen, daß er nach der
ganzen Sachlage, insbesondere im Hinblicke auf die in früheren Jahren bei
Gelegenheit des Musterungsgeschäftes stattgefundenen Schlägereien, sowie
auf die aufgeregte und streitsüchtige Haltung des Angeklagten und seiner Be-
gleiter zu der Annahme gelangt war, daß eine Rauferei nahe bevorstehe, und
durch Wegnahme des Stockes den befürchteten Exzessen vorzubeugen suchte.
Die Annahme einer derartigen Präventivpolizeimaßregel ist rechtlich nicht
zu beanstanden und tatsächlich nicht nachzuprüfen. Die in der Revision er-
örterte Eigenschaft eines beschlagnahmenden Beamten als Hilfsbeamten des
Staatsanwaltes,
vgl. Entsch. des RE. in Straffs. Bd. 11 S. 177,
und die Voraussetzung einer Gefahr im Verzuge für jede nicht richterliche
Beschlagnahme steht danach nicht in Frage.
Die rechtmäßige Amtsausübung erscheint sonach ohne Rechtsirrtum
sestgestellt und die Revision unbegründet.“
c) In der Landespolizei: die Ortspolizeibehörden, Land-
räte und Wasserbauinspektionen.
Die Verfügungen dieser Hilfsbehörden und Hilfsbeamten gelten
als Amtshandlungen der Behörden selbst, solange sie nicht von dieser