Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

380 Besonderer Teil. 
§ o9b BBG. auf Grund der Feststellung, daß er ein während des Kriegs- 
zustandes vom Militärbefehlshaber im Interesse der öffentlichen Sicher- 
heit erlassenes Verbot übertreten habe. Das R. billigte diese Auf- 
fassung und führte aus: 
„Ein Verbot im Sinne jener Vorschrift liegt auch dann vor, wenn die 
Bekanntmachung ihrem Wesen nach ein Verbot darstellt, mag sie sich auch 
nicht als ein solches ausdrücklich bezeichnen oder in ihrem äußeren Wortlaut 
zu erkennen geben. Die im allgemeinen der Polizeibehörde überlassene Fest- 
setzung der Polizeistunde gewinnt ihre Bedeutung im Zusammenhang mit 
der Strafbestimmung des § 365 StGB., die ein Verbot in doppelter Richtung 
enthält, indem sie den Gästen das Verweilen in einer Schankwirtschaft und 
dem Wirte die Duldung dieses Verweilens über die gebotene Polizeistunde 
hinaus untersagt. Die Festsetzung der Polizeistunde ergänzt diese Vorschrift 
durch Einfügung eines in ihr offen gelassenen Merkmals, und sie nimmt den 
gesamten Inhalt der Strafvorschrift, wenn sie ihn auch nicht ausdrücklich 
wiederholt, jedesmal ohne weiteres in sich auf. Sie schließt also immer das 
Verbot in den beiden erwähnten Richtungen in sich ein. Handelt es sich um 
ein solches vom Militärbefehlshaber innerhalb des Belagerungszustandes er- 
lassenes Verbot, so entsteht die Frage, ob es sich lediglich im Rahmen des 
§ 365 St G. bewegt, und sich auf die dort festgesetzte strafrechtliche Wirkung 
beschränkt. Dieser Fall ist gegeben, wenn das Verbot auf Grund des §4 BB. 
in Ausübung der allgemeinen polizeilichen Befugnisse erlassen ist, die in 
den Bereich der hierdurch den Militärbefehlshabern übertragenen vollziehen- 
den Gewalt fallen, ohne die Voraussetzung des § 9b daselbst zu erfüllen. 
Die aus dieser Sondervorschrift sich ergebende stärkere strafrechtliche Wirkung 
äußert das Verbot dagegen dann, wenn es — bei gleichem Inhalt — im 
Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassen ist. Also die Zweckbestimmung, 
nicht der Inhalt sichert dem Verbot an und für sich den besonderen Straf- 
schutz. Wo sich an den Zweck einer Vorschrift eine so schwer wiegende Folge 
knüpft, daß lediglich von ihm die Anwendbarkeit einer Sonderstrafbestimmung 
abhängt, liegt es nahe, in der Vorschrift selbst diesen Zweck mit klaren Worten 
zur Vermeidung von Zweifeln und Mißverständnissen zum Ausdruck zu 
bringen. So sehr aber auch ein solcher besonderer Anspruch in Zweckmäßig- 
keitsgründen seine Rechtfertigung findet, so ist er doch kein so wesentliches 
Erfordernis, daß seine Unterlassung die Gültigkeit der Vorschrift oder die 
Anwendbarkeit der Sonderstrafe zu beeinträchtigen vermöchte. Das ist minde- 
stens für den Fall zu verneinen, wo der Zweck aus dem Inhalt der Vorschrift 
oder aus sonstigen Umständen in einer für das Publikum erkennbaren Weise 
hervortritt. 
Im vorliegenden Falle, wo übrigens schon die Fassung, namentlich 
die Aufschrift und der Eingang der Verordnung vom 4. August 1914 in Ver- 
bindung mit dem Zeitpunkte ihrer Erlassung auf eine dem Militärbefehls- 
haber als solchen vorbehaltene Vorschrift hinweist, kommt die Richtung ihres 
Zweckes auch im Inhalt mit genügender Deutlichkeit zum Ausdruck. Denn 
es kann wohl als eine in alle Kreise des Publikums gedrungene Erkenntnis 
unterstellt werden, daß es in Kriegszeiten, namentlich in bedrohten Land- 
oder Küstenstrichen, ein Gebot der Erhaltung der öffentlichen Sicherbeit ist, 
einer Erregung der Gemüter, wie sie durch ausgedehntes nächtliches Zu— 
sammenweilen in Wirtschaften erfahrungsgemäß gefördert wird, vorzubeugen. 
Diese Zweckbestimmung braucht keine ausschließliche zu sein, um die entspre- 
chende Voraussetzung des Gesetzes zu begründen. Sie kann mit den Zwecken 
des Schutzes der öffentlichen Ruhe und Ordnung in Verbindung treten. Daß
	        
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