Full text: Preußisches Verwaltungsrecht.

§ 23. Einfluß des Krieges auf das Verwaltungsrecht. 381 
die öffentliche Sicherheit sich nur auf die militärische und politische Sicher- 
heit bezieht, ist unzutreffend. Sie hat in 89 B8G. — ebenso wie in den 
88 2 und 16 daselbst — die allgemein gebräuchliche Bedeutung einer Sicherung 
des Publikums vor Gefahren und Beunruhigungen jeder Art. Es ist auch 
nicht ausgeschlossen, daß ein Verbot, welches, in Friedenszeiten erlassen, 
lediglich andere Zwecke verfolgen würde, in Kriegszeiten ohne weiteres auch 
den Zweck eines Schutzes der öffentlichen Sicherheit in sich birgt. Soweit 
die Ausführungen der Strafkammer dahin zielen, daß die Festsetzung der 
Polizeistunde durch den Militärbefehlshaber die Gefahr nächtlicher Zusam- 
menrottungen und Gewalttätigkeiten vermeiden soll, kann ihnen nicht ent- 
gegengetreten werden.“ (R. in Strafs. 49 S. 89—91). 
Und ferner: 
„Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Angeklagte den vom 
Kommandanten der Festung Danzig laut Bek. vom 22. Okt. 1914 für Weizen- 
grieß festgesetzten Höchstpre.s überschritten. Die Strafkammer hat die Strafe 
gegen den Angeklagten, obwohl sie die Höchstpreisfestsetzung als ein vom 
Militärbefehlshaber im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenes Urteil 
im Sinne von §9 b des Gesetzes über den Belag.-Zustand vom 4. Juni 1851 
ansah, auf Grund des 8§ 4 Höchstpr.-G. vom 4. August 1914 verhängt, in- 
dem sie davon ausging, daß das letztere Gesetz als Spezialgesetz die allge- 
meinen Strafvorschriften des §9b auf diesem Gebiet außer Kraft geetzt habe. 
Mit Recht wird diese Auffassung in der Revision der örtlichen Staatsanwalt- 
schaft als rechtsirrtümlich bekämpft. Wie der erkennende Senat bereits 
näher dargelegt hat, kann der Milttärbefehlshaber auf Grund der nach § 4 
des Gesetzes vom 4. Juni 1851 mit der Bekanntmachung der Erklärung des 
Belagerungszustandes auf ihn übergegangenen vollziehenden Gewalt an Stelle 
der Zivilbehörde, hier also des Magistrats, Höchstpreise festsetzen. Daneben 
besteht aber auch die für ihn in S§9b des Gesetzes über den Belag.-Zust. 
begründete Befugnis, kraft eigener militärischer Machtvollkommenheit im 
Interesse der öffentlichen Sicherheit Höchstpreise in den ihm unterstehenden 
Bezirk festzusetzen und deren Überschreitung zu verbieten. Je nachdem der 
Militärbefehlshaber die eine oder die andere Befugnis bei Festsetzung der 
Höchstpreise ausgeübt hat, unterliegt die Überschreitung der von ihm fest- 
gesetzten Höchstpreise der Bestrafung auf Grund des Höchstpreisgesetzes oder 
gemäß dem Gesetz über den Belag.-Zust. In welchem Sinne der Milittär- 
befehlshaber die Festsetzung der Höchstpreise vorgenommen hat, ist vom Tat- 
richter im Wege der Auslegung der Bekanntmachung zu erm tteln, wobei der 
erkennbare Zweck der Anordnung von ausschlaggebender Bedeutung sein wird.“ 
(RG. in JW. 44 S. 1200). 
Bei Anordnungen auf Grund des § 4 BZG. ist das Verordnungs- 
recht des Militärbefehlshabers an diejenigen gesetzlichen Schranken ge- 
bunden, die vor der Erklärung des Belagerungszustandes für Ver- 
ordnungen der Zivilverwaltungsbehörden bestanden. Diese Schranken 
bestimmen sich, soweit nicht besondere reichsgesetzliche Vorschriften in 
Frage kommen, nach dem Rechte des Bundesstaates, in welchem die 
Verordnung wirksam werden soll; umfaßt der Bezirk eines Militär- 
befehlshabers den Bezirk mehrerer Bundesstaaten, so muß er sich 
im Rahmen der Zuständigkeitsvorschriften jedes Bundesstaates halten, 
damit seine nach 8§ 4 erlassene Anordnung in allen betreffenden Bundes- 
staaten Geltung erlangt (RG. in Strafs. 49 S. 412).
	        
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